Beschreibung
Herrschaftsmisstrauen ist in Zeiten von Corona suspekt geworden. Wo Schamaninnen neben Reichsbürgern demonstrieren, wird Querdenken zum Albtraum. Dabei gerät schnell das politische Potenzial von Misstrauen aus den Augen. Als internalisierte Gegenherrschaft trägt es wesentlich zur demokratischen Kontrolle bei. Und als Praxis der Unherrschaft wirkt es der Verhärtung von Herrschaft entgegen. Während Gegenherrschaft zum Repertoire des Liberalismus gehört, ist Unherrschaft eine unideologische Form des Anarchismus. Auf der Grundlage von Fallmaterial aus dem Kaukasus werden Wege skizziert, Misstrauen in politisches Engagement zu überführen. Florian Mühlfried erweitert in diesem engagierten Essay Denkhorizonte und lädt ein, politische Formen jenseits der aktuellen Ordnungen neu zu denken. Es geht dabei um Alternativen zur politischen Ordnung, ohne die Ordnung der Anderen zum Leitfaden zu nehmen, sondern die Wirkmächte alternativer Praxen zu begreifen. Damit wirkt er auch einer Monopolisierung der 'Alternative' zur aktuellen politischen Ordnung durch rechtsnationale Parteien entgegen.
Autorenportrait
Florian Mühlfried, 1970 geboren, ist Professor für Sozialanthropologie an der Staatlichen Ilia-Universität in Georgien. Sein Forschungsinteresse gilt seit seinem Studium der Kaukasus-Region. Sein Essay Misstrauen. Vom Wert eines Unwertes wurde 2019 für den Tractatus-Preis des Philosophicum Lech nominiert. Mühlfried lebt und arbeitet in Tiflis und Wien.
Schlagzeile
Wie wird aus Misstrauen Engagement? Alternative Herrschaftsformen neu denken