Beschreibung
Libyen wird oft als eine Art zufällige Nation beschrieben. Dennoch gibt es Versuche, eine einheitliche, chronologische Geschichte von der Antike bis in die Gegenwart zu formulieren. 1978 entstand unter Muammar al-Gaddafi ein eigenes Forschungszentrum - das Libyan Studies Centre (LSC) - zur umfassenden Neuschreibung der libyschen Nationalgeschichte als anti-kolonialer Geschichte von unten. Die vorliegende Arbeit geht diesem Geschichtsbild nach. Sie fragt nach der Entstehung eines libyschen Selbstbewusstseins im Spannungsfeld von arabischen und berberischen, maghrebinischen und afrikanischen, muslimischen und mediterranen Einflüssen. Sie fragt nach der Bedeutung des Widerstand gegen Fremdherrschaft für das nationale Geschichtsbild der LSC-Historiker - sei es nun gegen die Römer, Kreuzritter oder moderne Kolonialisten. Darüber hinaus geht die Studie der Frage nach, was es heißt, Geschichte zu dekolonisieren -indem man versucht, die Historiographie vom Einfluss der früheren italienischen Kolonialherren zu befreien. Jenseits des konkreten Falls interessiert sie sich dafür, wie es heute gelingen kann, eine postkoloniale, anti-orientalistische und nicht eurozentrische Geschichte zu schreiben.