Beschreibung
Die wasserlose Flut, eine Pandemie ungeheuren Ausmaßes, ist über die Erde hinweggegangen und hat die Menschheit ausgelöscht. Bis auf einige wenige Überlebende, die im Lehmhaus eines verwahrlosten Parks zusammenfinden und den Gefahren einer entvölkerten, anarchischen Welt trotzen. Unter ihnen Toby, die ehemalige Gottesgärtnerin, und Zeb, ein großherziger Draufgänger, der zum Anführer der kleinen Truppe wird. Während der Flut hat Toby, in einem Spa verschanzt, auf ihn gewartet; beharrlich an seine Rückkehr geglaubt, nun treffen sie, am Ende der Welt, wieder zusammen. Ein Endzeitszenario, so gewaltig und bedingungslos, wie es nur Margaret Atwood entwerfen kann. Eine Welt, die außer Kontrolle geraten ist, die sich selbst bezwungen und auf null zurückgesetzt hat. Wie in 'Das Jahr der Flut' stellt Atwood einmal mehr ihr waches politisches Gespür unter Beweis, ihre Hellhörigkeit für gefährliche Entwicklungen und Strömungen. Möge die Welt auch zugrunde gehen, von Margaret Atwood lassen wir uns bereitwillig an den Abgrund führen. Kein Untergang, dem diese Autorin nicht mit Humor und erzählerischer Verve beikommen würde.
Autorenportrait
Margaret Atwood, geboren 1939 in Ottawa, gehört zu den bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit. Ihr »Report der Magd« wurde zum Kultbuch einer ganzen Generation. Bis heute stellt sie immer wieder ihr waches politisches Gespür unter Beweis, ihre Hellhörigkeit für gefährliche Entwicklungen und Strömungen. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Man Booker Prize, dem Nelly-Sachs-Preis, dem Pen-Pinter-Preis und dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Margaret Atwood lebt in Toronto.
Leseprobe
Ei Die Geschichte vom Ei und von Oryx und Crake und wie sie die Menschen und Tiere erschufen; und vom Chaos; und von Schneemensch-Jimmy; und vom stinkenden Knochen und von der Ankunft der zwei bösen Männer Am Anfang lebtet ihr im Ei. Dort hat Crake euch erschaffen. Ja, der liebe, gütige Crake. Bitte hört auf zu singen, sonst kann ich nicht weitererzählen. Das Ei war groß und weiß und gewölbt, und drinnen wuchsen Bäume mit Laub, Gras und Beeren. Alles, was ihr gern esst. Ja, es hat auch geregnet im Ei. Nein, Donner gab es keinen. Weil Crake im Ei keinen Donner haben wollte. Und draußen vor dem Ei war das Chaos, mit vielen, vielen Menschen, die nicht so waren wie ihr. Weil sie eine zusätzliche Haut hatten. Diese Haut nennt man Kleidung. Ja, wie bei mir. Und viele davon waren böse Menschen, die anderen Menschen und auch den Tieren schlimme und grausame Dinge antaten. Nämlich. Über diese Dinge müssen wir jetzt nicht reden. Und Oryx war sehr traurig darüber, denn die Tiere waren ihre Kinder. Und Crake war traurig, weil Oryx traurig war. Und das Chaos war überall draußen vor dem Ei. Aber im Ei herrschte kein Chaos. Dort war es friedlich. Und jeden Tag kam Oryx, um euch zu unterrichten. Sie brachte euch bei, was man isst, sie brachte euch bei, wie man Feuer macht, sie brachte euch alles über die Tiere bei, ihre Kinder. Sie brachte euch bei, wie man schnurrt, wenn sich jemand wehgetan hat. Und Crake wachte über euch. Ja, der liebe, gütige Crake. Bitte hört auf zu singen. Ihr müsst nicht jedes Mal singen. Ich bin mir sicher, dass es Crake gefällt, aber ihm gefällt auch diese Geschichte, und er möchte hören, wie sie weitergeht. Eines Tages beseitigte Crake das Chaos und die bösen Menschen, um Oryx glücklich zu machen und um einen sicheren Lebensraum für euch zu schaffen. Ja, dadurch roch eine Zeitlang alles sehr schlimm. Und dann fuhr Crake in den Himmel, wo er jetzt wohnt, und Oryx fuhr mit ihm. Warum sie fuhren, weiß ich nicht. Sie müssen ihre Gründe gehabt haben. Und sie ließen Schneemensch-Jimmy zurück, um auf euch aufzupassen, und er führte euch ans Meer. Und an Fischtagen fingt ihr ihm einen Fisch, und er aß ihn. Ich weiß, ihr würdet niemals einen Fisch essen, aber Schneemensch-Jimmy ist anders. Weil er einen Fisch essen muss, sonst würde er sehr krank werden. Weil er so geschaffen ist. Dann eines Tages ging Schneemensch-Jimmy los, um Crake zu besuchen. Und als er zurückkam, hatte er sich am Fuß wehgetan. Und ihr habt ihn beschnurrt, aber es wurde nicht besser. Und dann kamen die zwei bösen Männer. Sie waren noch aus dem Chaos übrig geblieben. Warum Crake sie nicht beseitigt hat, weiß ich nicht. Vielleicht hatten sie sich unter einer Hecke versteckt und er hat sie übersehen. Aber sie hatten Amanda gefangen und taten ihr schlimme und grausame Dinge an. Über diese Dinge müssen wir jetzt nicht reden. Und Schneemensch-Jimmy versuchte sie zu stoppen. Und dann kam ich, und Ren, und wir fingen die zwei bösen Männer, fesselten sie und banden sie an einen Baum. Dann saßen wir am Feuer und aßen Suppe. Schneemensch-Jimmy und Ren, und Amanda aßen die Suppe. Sogar die bösen Männer aßen die Suppe. Ja, in der Suppe war ein Knochen. Ja, es war ein stinkender Knochen. Ich weiß, dass ihr keine stinkenden Knochen esst. Aber viele Kinder der Oryx essen gern solche Knochen. Luxkatzen und Rakunks und Organschweine und Löwämmer. Sie alle essen stinkende Knochen. Und Bären essen sie auch. Was ein Bär ist, erzähle ich euch später. Über stinkende Knochen müssen wir jetzt nicht mehr reden. Und während alle die Suppe aßen, seid ihr mit euren Fackeln gekommen, weil ihr Schneemensch-Jimmy helfen wolltet mit seinem kranken Fuß. Und weil ihr gemerkt habt, dass ein paar der Frauen blau waren und ihr euch mit ihnen paaren wolltet. Das mit den bösen Männern habt ihr nicht verstanden und warum sie gefesselt waren. Es ist nicht eure Schuld, dass sie in den Wald geflüchtet sind. Nicht weinen. Ja, Crake muss sehr wütend sein a
Schlagzeile
'Margaret Atwood ist die stille Mata Hari, diese mysteriöse, stürmische Gestalt, die sich der allzu geordneten Welt wie eine Brandstifterin entgegenstellt.' Michael Ondaatje