Beschreibung
Der Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels hat die deutsche Journalistin und Publizistin Carolin Emcke zur diesjährigen Trägerin des Friedenspreises gewählt. Das gab Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, auf der Hauptversammlung des Verbandes in Leipzig bekannt. Die Verleihung findet zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 23. Oktober 2016, in der Paulskirche in Frankfurt am Main statt und wird live im Fernsehen übertragen. Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. In der Begründung des Stiftungsrats heißt es: Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahr 2016 an Carolin Emcke und ehrt damit die Journalistin und Publizistin, die mit ihren Büchern, Artikeln und Reden einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Dialog und zum Frieden leistet. Ihre Aufmerksamkeit gilt dabei besonders jenen Momenten, Situationen und Themen, in denen das Gespräch abzubrechen droht, ja nicht mehr möglich erscheint. Carolin Emcke setzt sich schwierigen Lebensbedingungen aus und beschreibt - vor allem in ihren Essays und ihren Berichten aus Kriegsgebieten - auf sehr persönliche und ungeschützte Weise, wie Gewalt, Hass und Sprachlosigkeit Menschen verändern können. Mit analytischer Empathie appelliert sie an das Vermögen aller Beteiligten, zu Verständigung und Austausch zurückzufinden. Das Werk von Carolin Emcke wird somit Vorbild für gesellschaftliches Handeln in einer Zeit, in der politische, religiöse und kulturelle Konflikte den Dialog oft nicht mehr zulassen. Sie beweist, dass er möglich ist, und ihr Werk mahnt, dass wir uns dieser Aufgabe stellen müssen. Carolin Emcke, geboren am 18. August 1967 in Mülheim an der Ruhr, lebt als freie Publizistin in Berlin. Sie studierte ab 1987 Philosophie, Politik und Geschichte in London, Frankfurt am Main und an der Harvard University. Ihre Doktorarbeit Kollektive Identitäten. Sozialphilosophische Grundlagen wurde 2000 im Campus Verlag veröffentlicht. Von 1998 bis 2006 arbeitete Carolin Emcke als festangestellte Redakteurin beim Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL. Ab 1999 bereiste sie als Auslandsredakteurin zahlreiche Krisenregionen und berichtete unter anderem aus dem Kosovo, Afghanistan, Pakistan, Irak und dem Gaza-Streifen. Aus den Briefen, die sie zwischen 1999 und 2003 an ihre Freunde schrieb, entstand 2004 ihr erstes Buch Von den Kriegen - Briefe an Freunde (S. Fischer Verlag). 2003 bis 2004 ging Carolin Emcke für ein Jahr als Visiting Lecturer an die Yale University und lehrte unter anderem über Theorien der Gewalt. Seit 2004 kuratiert und moderiert sie zudem die monatliche Diskussionsreihe Streitraum an der Berliner Schaubühne. Von 2007 bis 2014 arbeitete sie als freie Autorin für DIE ZEIT und veröffentlichte Reportagen aus dem Irak, Haiti, dem Gazastreifen sowie zahlreiche Essays. Seit Oktober 2014 schreibt sie für die Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung eine wöchentliche Kolumne. Carolin Emcke wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Lessing-Preis des Freistaats Sachsen (2015), dem Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay (2014) und dem Theodor-Wolff-Preis (2008). 2010 wurde sie zur Journalistin des Jahres gewählt. Im Oktober 2016 wird mit Gegen den Hass eine essayistische Auseinandersetzung mit dem Rassismus, dem Fanatismus und der Demokratiefeindlichkeit erscheinen. Die Philosophin Seyla Benhabib hält die Laudatio auf Carolin Emcke, die in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt wird.
Autorenportrait
Carolin Emcke, geboren am 18. August 1967 in Mülheim an der Ruhr, lebt als freie Publizistin in Berlin. Sie studiert ab 1987 Philosophie, Politik und Geschichte in London und Frankfurt am Main, wo sie ihr Magister Artium 1993 in Philosophie bei Jürgen Habermas erlangt. Anschließend promoviert sie in Frankfurt bei Axel Honneth und an der Harvard University bei Seyla Benhabib über den Begriff "Kollektive Identitäten. Sozialphilosophische Grundlagen" (erschienen im Campus Verlag, 2000). Von 1998 bis 2006 arbeitet Carolin Emcke als festangestellte Redakteurin beim Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL. Ab 1999 bereist sie als Auslandsredakteurin zahlreiche Krisenregionen und berichtet unter anderem aus dem Kosovo, Afghanistan, Pakistan, Irak und dem Gaza-Streifen. Aus den Briefen, die sie zwischen 1999 und 2003 an ihre Freunde schreibt, entsteht 2004 ihr erstes Buch 'Von den Kriegen - Briefe an Freunde' (S. Fischer Verlag), indem sie über den Zusammenhang von Gewalt, Traumatisierung und Sprachlosigkeit und die eigene Rolle als Beobachterin reflektiert. 20032004 geht Carolin Emcke für ein Jahr als Visiting Lecturer an die Yale University und lehrt unter anderem über "Theorien der Gewalt". Seit 2004 bis heute kuratiert und moderiert sie zudem die monatliche Diskussionsreihe "Streitraum" an der Berliner Schaubühne. Von 2007 bis 2014 arbeitet sie als freie Autorin für DIE ZEIT und veröffentlicht zahlreiche Reportagen aus dem Irak, Haiti, dem Gazastreifen sowie zahlreiche Essays. Zugleich arbeitet sie an einem Buch über den Terror der Roten Armee Fraktion, das nicht nur als ein Plädoyer für Aufklärung gedacht ist, sondern auch - als Patentochter des bei einem Attentat getöteten Sprecher des Vorstands der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen - eine persönliche Auseinandersetzung über den Umgang mit Gewalt und Rache darstellt. Dabei spielen auch die Frage der Ästhetik des Widerstands gegen Gewalt, der sprachlichen Form des Zweifelns an dem Dogma des Terrors und der staatlichen Reaktion darauf eine große Rolle. Für den Essay, der als Vorlage für das 2008 veröffentlichte Buch "Stumme Gewalt. Nachdenken über die RAF" (S. Fischer Verlag) dient, wird sie im gleichen Jahr mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. Nach zahlreichen weiteren Auszeichnungen für ihre publizistische Tätigkeit veröffentlicht Carolin Emcke 2012 mit "Wie wir begehren" (S. Fischer Verlag) ein Essay, das sich der Geschichte der Entdeckung ihrer eigenen Homosexualität befasst. Beginnend mit ihrer Jugendzeit in den 1980er Jahren reflektiert sie darin auf die Mechanismen von Ausgrenzung und Eingrenzung, von Lügen und Schweigen - und der Sehnsucht nach einer Sprache für das eigene Begehren. Es ist ein Buch, das den Freiraum des Anders-Seins verteidigt gegenüber den kollektiven Zuschreibungen und Konventionen (Frankfurter Rundschau). Der Frage nach den Schwellen des Sagbaren geht Carolin Emcke in ihrem 2013 erscheinenden Essay-Band "Weil es sagbar ist" (S. Fischer Verlag) nach. Ausgehend von literarischen und dokumentarischen Zeugnissen der Überlebenden der Shoah verweist sie in dem zentralen Essay auf die gesellschaftliche Verantwortung, den Erzählungen von extremer Gewalt und Unrecht auch Raum zu geben. Sie argumentiert gegen das "Unbeschreibliche" und für das Ethos der Empathie. Seit Oktober 2014 schreibt sie für die Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung eine wöchentliche Kolumne. Für ihr essayistisches und publizistisches Werk erhielt sie 2014 den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und 2015 den Lessing-Preis des Freistaats Sachsen. Im Oktober 2016 wird mit "Gegen den Hass" (S. Fischer Verlag) eine essayistische Auseinandersetzung mit jenem Dogma des Reinen, das die Vielfalt unserer Gesellschaft bedroht, erscheinen. Um dem Rassismus, dem Fanatismus und der Demokratiefeindlichkeit zu begegnen, muss die Freiheit des Individuellen und besonders auch des Abweichenden geschützt werden. "Dem Hass begegnen", so Carolin Emcke, "lässt sich nur, indem man die Einladung des Hasses, sich ihm anzuverwandeln, ablehnt. Es braucht den Mut, den Hassenden zu widersprechen, indem man das aktiviert, was den Hassenden abgeht: genaues Beobachten, Selbstzweifel und nicht nachlassende Differenzierung."