Beschreibung
Als zeithistorisches Dokument sind Klemperers Journale einzigartig und wahrhaftig unverzichtbar: Man wird sich künftig kein Bild mehr machen können von der tagtäglichen Realität des Nationalsozialismus, ohne diese Tagebücher zu kennen. Die Weltwoche Klemperers Tagebücher gehören fortan zu den bleibenden Zeugnissen deutscher Geschichte und Kultur. Spiegel Spezial Hier hat die Geschichte selbst gewissermaßen mitgeschrieben und dem Geschriebenen etwas von ihrer Übermacht mitgeteilt. Nicht zuletzt darauf beruht die unerwartete Wirkung, die seit dem Erscheinen dieser Aufzeichnungen festzustellen ist. Frankfurter Allgemeine Zeitung Es ist ein ganz außergewöhnliches Werk, wahrscheinlich, neben dem Tagebuch der Anne Frank, das bedeutendste, das sich aus jener finsteren Epoche erhalten hat. (...) Die Tagebücher, in denen genaueste Beobachtungsgabe, sprachliche Meisterschaft und menschliche Größe sich aufs glücklichste vereinen, stellen alles in den Schatten, was jemals über die Zeit des Nationalsozialismus geschrieben wurde. Die Zeit Klemperers unter Todesgefahr geschriebene Notizen besitzen eine Authentizität, eine dramatische Nähe zum Zerfall der deutschen Gesellschaft, wie sie auch bedeutende Geschichtswerke nur selten erreichen. Diese Tagesberichte über die Hölle eines Terrorstaates legen in der Tat "Zeugnis ab" vom Leben der Opfer. Frankfurter Rundschau Wie erlebten die Zeitgenossen den Holocaust? Was konnten sie wissen, sehen, hören? Klemperers Tagebuch beantwortet solche Fragen, die von jeder Generation neu gestellt werden. Er, der als Jude geborene, zwangsemeritierte Professor, löste mit seinen täglichen Notizen, deren Entdeckungen den sicheren Tod bedeutet hätte, eine selbstgesetzte Chronistenpflicht ein: Er wollte der Geschichtsschreiber der Katastrophe sein und Zeugnis ablegen für die Zeit danach. Tag für Tag hielt er im "Judenhaus" fest, was er beobachtete und erlebte: den täglichen Terror mit Razzien, ständig neuen Verboten und Schikanen, gelegentlich auch Gesten der Solidarität von Unbekannten, und er schrieb auf, was ihm zugetragen wurde: Gerüchte, politische Witze, Berichte von Frontsoldaten. Sein minutiöser Bericht ist ein einmaliges Dokument über den Alltag der Judenverfolgung - mitten in einer deutschen Großstadt. Die Texte des Bandes werden ergänzt durch Vorschläge für die Unterrichtsgestaltung.
Autorenportrait
Victor Klemperer wurde 1881 in Landsberg/Warthe als achtes Kind eines Rabbiners geboren. 1890 übersiedelte die Familie nach Berlin, wo der Vater zweiter Prediger einer Reformgemeinde wurde. Nach dem Besuch verschiedener Gymnasien, unterbrochen durch eine Kaufmannslehre, studierte Klemperer von 1902 bis 1905 Philosophie, Romanistik und Germanistik in München, Genf, Paris, Berlin. Bis er 1912 das Studium in München wieder aufnahm, lebte er in Berlin als Journalist und Schriftsteller. 1912 konvertierte er zum Protestantismus. 1913 Promotion, 1914 bei Karl Vossler Habilitation. 1914/15 Lektor an der Universität Neapel. Hier entstand eine zweibändige Montesquieu-Studie. Als Kriegsfreiwilliger zunächst an der Front, dann als Zensor im Buchprüfungsamt in Kowno und Leipzig. 1919 o. a. Professor an der Universität München. 1920 erhielt er ein Lehramt für Romanistik an der Technischen Hochschule in Dresden, aus dem er 1935 wegen seiner jüdischen Herkunft entlassen wurde. 1938 begann Klemperer mit der Niederschrift seiner Lebensgeschichte "Curriculum vitae". 1940 Zwangseinweisung in ein Dresdener Judenhaus. Nach seiner Flucht aus Dresden im Februar 1945 kehrte Klemperer im Juni aus Bayern nach Dresden zurück. Im November wurde er zum o. Professor an der Technischen Universität Dresden ernannt. Eintritt in die KPD. 1947 erschien seine Sprach-Analyse des Dritten Reiches, "LTI" (Lingua Tertii Imperii), im Aufbau-Verlag. Von 1947 bis 1960 lehrte Klemperer an den Universitäten Greifswald, Halle und Berlin. 1950 Abgeordneter des Kulturbundes in der Volkskammer der DDR. 1952 Nationalpreis III. Klasse. 1953 wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Victor Klemperer starb 1960 in Dresden. Geschwister-Scholl-Preis 1995. Weitere Veröffentlichungen u.a.: "Moderne Französische Prosa" (1923); "Die französische Literatur von Napoleon bis zur Gegenwart", 4 Bände (1925-1931); "Pierre Corneille" (1933); "Geschichte der französischen Literatur im 18. Jahrhundert" (Band 1 1954, Band 2 1966). Aus dem Nachlaß: "Curriculum vitae" (1989), "Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten" Tagebücher 1933-1945 (1995), "Leben sammeln, nicht fragen wozu und warum" Tagebücher 1918-1932, "So sitze ich denn zwischen allen Stühlen" Tagebücher 1945-1959.