Beschreibung
Die einhundert schönsten und bedeutendsten Gedichte Pablo Nerudas, ausgewählt und zusammengestellt von einem Kenner und Übersetzer seines Werks, dem Schriftsteller Fritz Rudolf Fries: Ein Pablo Neruda für Liebhaber der Poesie und der Liebe. Am 12. Juli 2004 würde Pablo Neruda einhundert Jahre alt werden. Bereits mit 14 Jahren schrieb und veröffentlichte Neruda die ersten Gedichte. Mit seinem ersten gedruckten Gedichtband, seinen Liebesgedichten, eroberte er die Herzen der Leser seines Landes, und nachdem er wie sein Freund Federico Garcia Lorca im spanischen Bürgerkrieg gegen die Faschisten Partei ergriffen hatte, schrieb er auch politische Gedichte und wurde zu einer bedeutenden und weltweit gehörten Stimme seines lateinamerikanischen Kontinents. Der Schriftsteller und ausgewiesene Kenner der spanischsprachigen Literatur, Fritz Rudolf Fries, stellt Neruda mit den schönsten und wichtigsten einhundert Gedichten vor. Mit diesem Buch betritt der Leser ein poetisches Universum, trifft auf große Liebeslieder ebenso wie Oden auf die Zwiebel oder die Katze, die nirgendwo schöner und würdevoller besungen werden. Hier begegnet er einfachen politischen Gedichten, die Neruda für die 'Bauern und Gelehrten' seines Landes geschrieben hat und sprachvirtuosen Meisterwerken. Pablo Neruda - einhundert Gedichte aus einem Werk, das Geschichte aufgenommen und Literaturgeschichte gemacht hat.'Ich jedoch fahre fort, über Träume zu schreiben.' PABLO NERUDA
Autorenportrait
Pablo Neruda (1904-1973) gehört zu den großen Autoren der Weltliteratur. Er war u.a. Botschafter seines Landes in verschiedenen Ländern, bewarb sich um die Präsidentschaft in seinem Land und musste lange Jahre im Exil verbringen. 1971 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Sein Werk erscheint seit vielen Jahren im Luchterhand Verlag, darunter »Das lyrische Werk« (in drei Bänden) und zuletzt ein Band mit Liebessonetten »Hungrig bin ich, will deinen Mund« (1997).
Leseprobe
Ewigkeit Ich schreibe für eine jüngst den Wassern entstiegene Erde, noch frisch von Blumen, Blütenstaub und Mauerkalk, ich schreibe für ein paar Krater, deren Kreidekuppen ihre sphärische Höhlung aneinanderreihen am reinen ewigen Schnee, ich gebe sogleich meine Ansicht kund über das, was der eisenhaltige, eben dem Abgrund entquollene Rauch mühsam mit sichführt, ich rede für die Grasebenen, die keinen Namen haben, nur der Moosflechte kleines Glöckchen kennen, den versengten Blütenfaden, oder das struppige Dickicht, wo die Stute in Liebesglut brennt. Woher denn stamme ich, wenn nicht aus diesen uranfänglichen und blauen Materien, die sich ineinanderschlingen, schwellen oder einander verdrängen, unter Tosen sich verbreiten oder somnambul verströmen, oder in die Höhe ranken und des Baumes Schutzwehr bilden, oder in die Erde sinken und des Kupfers Zelle binden, oder ins Gezweig der Ströme schnellen oder untergehen, erdbedeckt, als der Kohle Ursprung oder funkeln in der Traube grünen Dunkelheiten. Wie die Ströme schlaf ich in den Nächten, irgend etwasunentwegt durchmessend, durchbrechend, und ich treibedie schwimmende Nacht voran, heb die Stunden alldem Licht entgegen, befühle die geheimnisvollenBilder, die der Kalk vertrieb, steig durchs Erz aufzu den Katarakten, jüngst gebändigten, und auf einem Laufder Ströme berühre ich, was nur die Rose,die noch nie erblühte, spendet, die versunkene Hemisphäre.Die Erde ist ein Dom aus bleichen Augenliden,verbunden ewiglich einander und gehäuft in einemSeesturm von Segmenten, in einem Salz von Gewölbe,in eines begnadeten Herbstes Farbenfinale.Ihr habt nicht, habt nie am Weg berührt,was der nackte Stalaktit beschwört,zwischen den eisigen Lichtern das Fest,die große Kälte der schwarzen Blätter,ihr seid nicht eingedrungen in die Fasern mit mir,die das Erdreich verborgen hält,ihr seid nicht aufgestiegen wieder von den Toten dann,Sandkorn um Sandkorn, sandiger Erde Stufen,bis daß die Strahlenkronen des Tauserneut eine entfaltete Rose bedecken,ihr könnt nicht leben, ohne dahinzusterbenim abgetragenen Gewand des Glücks.Ich aber bin metallisch die Aureole, der Reif,den Weiten verkettet, den Wolken, den Landen,der an hinabgestürzte und verstummte Wasser rührtund der Zeit unendlichem Wirrsal abermals trotzt.Der Einsame Schulhof du, der Sonne ausgesetzter Ort,von Hütten umstellt mit bemoosten Wänden;im gelben Laub die Pappel dort,ohne Ende der Gang, den Rosenstock in Händen.Die Zeit ist ein launischer Wechsler, verkleidetmit irren Kostümen, mit denen sie uns streichelt.Sie gibt uns Trauer, wenn sie die Dinge meidet,aber es ist eine Tristesse, die uns schmeichelt.Die Pappel erhebt sich hochmütig und stolz,in goldenen Wellen zeigt sich ihr schönes Holz,trauernd kann sie so sanft mit den Dingen kosen.Mit Geringschätzung sieht sie, was am Boden ist.Verachtet blicklos den Rosenstock, der sich an ihr mißt,den geheiligten Duft der letzten Rosen.Das schmerzhafte Warten Nicht gekommen ist die Geliebte, nie wird siekommen, nie ihre Hände reichen.Am Tage ihrer Ankunft wird alles blühen wie noch nie,die Sanftmut wird der Trauer weichen.Ausgelöscht sind dann die Schmerzen dieser Nacht.Damit der Mond sich dem vollkommnen Berg vermähle.Die verzückten Augen kommen nicht los von dieser Prachtin einer Kommunion von Geist und Seele.Nicht gekommen ist die Geliebte, nie wird siekommen, doch ist sie auf dem Weg, und niewar meine Freude anders als ein Gramm an Hoffnung mehr. Sind wir über alle Zweifel und Befürchtungen erhaben, und können wir die Wunde alter Schmerzen nicht ertragen, so wird das Herz vom Warten auf die Liebe niemals leer. Seit du gegangen bist Seit du gegangen bist, spür ich die Bitterkeit, die unendliche, dir so viel nicht gesagt zu haben, verschwiegen hab ich Märtyrer die sanfte Zärtlichkeit, die ich versteckte, wie Rosen sich ins Dunkel graben, und nicht gesagt hab ich der Worte duftenden Hauch, die ich im Munde trug, sie hegte unverdrossen; auf die ich wartete und trug sie doch mit Feuer auch, un Leseprobe