Beschreibung
Leonie liebt Frederik. Und Frederik liebt Leonie, vor allem ihre waldmeistergrünen Augen. Doch dann geschieht ein entsetzlicher Unfall und Leonie erwacht im Dunklen. Sie ist blind. Jeder Schritt zurück ins Leben wird zur Qual. Aber während Leonie sich voller Angst und Wut in die Dunkelheit verkriecht, kämpfen ihre Freunde um sie.
Autorenportrait
Jana Frey 1969 in Düsseldorf geboren, studierte in Frankfurt, den USA und in Neuseeland Literatur, Geschichte und Kunst. Sie hat zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht und arbeitet auch fürs Fernsehen.
Leseprobe
Der Regen prasselte laut auf die Windschutzscheibe, und das sah schön aus: diese wilden, riesigen Tropfen, die zu hundenen auf der durchsichtigen Glasscheibe aufschlugen und dort auseinander spritzten zu winzigen Regenwassersprenkeln, ehe der Scheibenwischer sie blitzschnell zur Seite schob und verwischte. Rasend schnell ging das, immer wieder. "Ein richtiger Wolkenbruch!", rief Siemen zufrieden, er hatte diese Art Regen schon immer geliebt. "Siemen, der Scheibenwischer!", schrie Katie plötzlich. "Ich kann gar nichts mehr sehen." Das stimmte, man konnte von einem Moment zum nächsten nichts mehr erkennen; die dicken, schweren, riesigen Regentropfen klatschten immer noch wie wilde Geschosse auf die Windschutzscheibe, aber der Scheibenwischer stand jetzt still. Mitten auf der Scheibe war er hängen geblieben. Wir fuhren ziemlich schnell, und die Scheinwerferlichter ein paar entgegenkommender Autos blendeten uns und verschwammen mit dem wilden Regen auf der Scheibe zu einem wirren, verzerrten Bild. Bäume, Scheinwerfer, Regentropfen, schemenhafte Autos - und dann ein lautes Krachen. Mit einem Ruck wurde ich von meinem Platz in der Mitte der hinteren Sitzbank hochgerissen. Ich öffnete meinen Mund, um zu schreien, weil ich so erschrocken war und weil ich Katie gerne zurufen wollte, sie sollte besser abbremsen und an den Rand fahren, weil ich nicht einmal angeschnallt war. Komischerweise brachte ich kein Wort heraus. Und dann fühlte ich, wie Frederiks Hand von meiner Schulter abglitt. Ich wollte nach ihr greifen, um mich an ihr festzuhalten. Überhaupt wollte ich bei Frederik sein, er sollte mich in den Arm nehmen und küssen, so wie vorhin im Wald. Plötzlich spürte ich einen Schmerz in meinem Gesicht, ganz kurz bloß, so als hätte ich mir den Kopf angestoßen. "Aua.", murmelte ich und wollte mich zu Frederik und Janne umdrehen, denn die beiden schienen mit einem Mal hinter mir zu sitzen. Aber sie waren verschwunden. Und Siemen und Katie waren auch nicht mehr da. Wo war ich bloß? War das vielleicht einer von Siemens blöden Späßen? Er sollte damit aufhören. Schließlich hatten wir es eilig, wir mussten nach Hause. Grischa kam um vier. Ob er wenigstens seinen Schlüssel mit in den Kindergarten genommen hatte? Grischa hatte seinen eigenen kleinen Haustürschlüssel an der neongrünen Schnur, an der außerdem auch noch ein lustiger, winziger Plastikdinosaurier baumelte. Und immer noch sang Bob Marley, eindringlich und vergnügt. "Mama!", rief ich erschrocken. Ich zuckte zusammen, weil es mir merkwürdigerweise in meinem eigenen Kopf wehtat, während ich rief. Aber trotzdem schrie ich immer wieder. "Mama! Mama! Mama." Plötzlich barst etwas in mir drin, und es wurde so hell um mich herum, dass ich die Augen zusammenkneifen musste. Was für ein schreckliches Licht! Wer blendete mich denn da so? Dann wurde es dunkel, furchtbar dunkel. Pechschwarz. Und dann war alles vorüber.