Beschreibung
Als Deutschland geteilt war und das Ende der Welt drohte Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde bestimmt vom Kampf zweier politischer Systeme und von der gegenseitigen nuklearen Bedrohung; sie endete mit dem Triumph des Westens über den Kommunismus. Wie kam es dazu? Wo entsprang der ideologisch-politische Gegensatz zwischen Ost und West? Gaddis erzählt von den entscheidenden Momenten und Persönlichkeiten, die das Zeitalter des Kalten Kriegs prägten.Die Unterdrückung der Satellitenstaaten durch die Sowjetunion, die Aufstände in der DDR, in Ungarn und der Tschechoslowakei, der Korea-Krieg, die legendäre Begegnung von Kennedy und Chruschtschow, die Kuba-Krise, die deutsche Wiedervereinigung - diese und andere Wegmarken des Kalten Kriegs rückt Gaddis in den Mittelpunkt seiner Darstellung und entwirft ein umfassendes Bild der machtpolitischen Interessensphären eines halben Jahrhunderts, in dem die Welt zweigeteilt war. Zwar vermieden die beiden Supermächte USA und UdSSR direkte militärische Auseinandersetzungen, sie trieben aber ein beispielloses Wettrüsten voran. Mehrmals drohte der Interessenkonflikt militärisch zu eskalieren. Gaddis präsentiert neue und überraschende Ergebnisse seiner jahrelangen Forschung in westlichen und östlichen Archiven. Seine globale Geschichte des Kalten Kriegs besticht durch sein klares Urteil und seine erhellenden, oft zugespitzten Formulierungen. Eine temporeiche und mitreißende Erzählung ohne ausufernden wissenschaftlichen Apparat, kurzum: eine Geschichtsstunde im besten Sinne.Die erste umfassende Gesamtdarstellung des Kalten Kriegs.
Autorenportrait
John Lewis Gaddis ist einer der renommiertesten Historiker unserer Zeit und gilt als der Doyen der Geschichtsschreibung zum Kalten Krieg. Er ist Professor an der Yale University und veröffentlichte zahlreiche Bücher über den Kalten Krieg, u.a. "We Now Know: Rethinking Cold War History" (1997) und "Surprise, Security, and the American Experience" (2004).
Leseprobe
DEUTSCHLAND STAND IM ZENTRUM des Kalten Krieges, und zwar stärker, als man auf den ersten Blick denken mag. In diesem Land wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Marxismus geboren, die massivste und nachhaltigste Herausforderung, der sich der Kapitalismus im 20. Jahrhundert gegenübersehen sollte. Deutschlands politische Führer taumelten in zwei Weltkriege, die der europäischen Vorherrschaft in der Weltpolitik ein Ende bereiteten und dadurch die Stellung der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion stärkten. Nach 1945 rangen und stritten sich die beiden Supermächte um dieses Land in der Mitte Europas. Aus diesem Grund blieb es geteilt, mit einer geteilten Hauptstadt auf einem geteilten Kontinent. Viereinhalb Jahrzehnte lang nahmen die Deutschen diese Situation hin, obwohl sie historisch, wirtschaftlich und kulturell so wenig Sinn hatte, dass zur Zeit ihres Entstehens kaum jemand an ihre Dauerhaftigkeit glaubte. Dann, im Jahr 1989, hoben die Deutschen plötzlich diese Teilungen auf, obwohl sie mittlerweile für die Verhinderung eines dritten Weltkrieges derart unerlässlich zu sein schienen, dass in der mittleren und späten Phase des Kalten Kriegs kaum jemand glaubte, sie könnten jemals überwunden werden. Und doch verschwanden sie fast ohne jede Gewaltanwendung. Gewiss war der Kalte Krieg ein globales Phänomen. Viele Geschehnisse, insbesondere in Asien, im Nahen Osten, in Afrika und Lateinamerika, hatten wenig mit Deutschland zu tun. Aber hätte sich der Kalte Krieg in einer dieser Regionen - oder im näher gelegenen West- oder Osteuropa - entwickelt, wenn sich die USA und die Sowjetunion über die Zukunft Deutschlands einig geworden wären? Ich bezweifle es. Am Ende des Zweiten Weltkriegs bestand die größte Angst der beiden Supermächte darin, dass sich ein wiedererstarktes vereinigtes Deutschland der anderen Seite 'zuneigen' könnte. Deshalb blieb Deutschland so lange geteilt, wie der Konflikt andauerte. Und deshalb war der Kalte Krieg, als sich Deutschland schließlich vereinigte, zu Ende. In ihrer Einstellung sympathisierten die Deutschen allerdings lange, bevor es ihnen politisch erlaubt war, mit einer Partei. Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass sie sich, wenn 1949, im Jahr der Gründung der beiden deutschen Staaten, in ganz Deutschland freie Wahlen hätten stattfinden können, mit überwältigender Mehrheit gegen die Sowjetunion und für ein Zusammengehen mit den Vereinigten Staaten und ihren NATO-Partnern entschieden hätten. Schuld daran war Stalins Politik: die Vertreibung von Millionen Deutschen, die in Gebieten gelebt hatten, die er Polen übergab; die Forderung nach Reparationen und Enteignungen in den Deutschland verbliebenen Gebieten; die Tolerierung von Massenvergewaltigungen in von der Roten Armee kontrollierten Gebieten und der ungeschickte Versuch von 1948, die Bürger von Westberlin durch eine Blockade vom Westen abzuschneiden. Das alles waren kurzsichtige politische Schritte, die dafür sorgten, dass der Wettstreit um Deutschland und um die Zuneigung der Deutschen nie auf gleicher Grundlage stattfand. Was die Deutschen tun konnten, stand indessen auf einem anderen Blatt. Denn heute weiß man, dass die Führungen von West- und Ostdeutschland - ebenso wie diejenigen der Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und ihrer jeweiligen Verbündeten - die deutsche Wiedervereinigung für viel zu gefährlich hielten, wie groß der Wunsch danach in der deutschen Bevölkerung auch gewesen sein mochte. Es drohte nicht einfach nur ein neuer Krieg, sondern einer, in dem Waffen zum Einsatz kommen würden, die sowohl die Krieg führenden Staaten als auch die geteilte Nation, auf deren Territorium die Kämpfe wahrscheinlich stattfinden würden, auslöschen konnten. Insofern war das nukleare Patt unauflöslich mit dem deutschen Patt verknüpft, wie 1961 deutlich wurde, als die DDR Westberlin mit Moskaus Segen einmauerte und Washington, London, Paris und Bonn es stillschweigend guthießen. Die Berliner Mauer, die Teilung Deutschlands und der atomar Leseprobe