Beschreibung
Brisanter, authentischer Hintergrund: die Welt der internationalen Lebensmittelskandale Vertraue niemandem, aber bring die anderen dazu, dir zu vertrauen. Dann beute sie nach Strich und Faden aus. Mit diesem Lebenskonzept hat es Gigi Vianello, gutaussehend, charmant, skrupellos, schon weit gebracht. In seinem Gourmet-Restaurant auf Sardinien serviert er nur die allerbesten Speisen und ist der Held aller Frauen. Doch das große Geld verdient er im internationalen Handel mit manipulierten, minderwertigen oder chemisch verseuchten Lebensmitteln. Mit weltmännischer Strategie und Raffinesse gelingt ein perfektes Doppelleben - bis ausgerechnet eine Frau sein Lügengebäude ins Wanken bringt. Zwei mehrfach preisgekrönte und hochgelobte Krimiautoren jetzt erstmals als Team.
Autorenportrait
Massimo Carlotto, geboren 1956 in Padua, ist einer der erfolgreichsten Schriftsteller Italiens. Als Sympathisant der linken Bewegung wurde er in den 1970er Jahren zu Unrecht wegen Mordes verurteilt. Nach fünfjähriger Flucht und einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren wurde er 1993 begnadigt. Er lebt heute auf Sardinien. Francesco Abate, geboren 1964 in Cagliari, Sardinien, ist Journalist und Autor mehrerer hoch gelobter Romane. Nachts arbeitet er als DJ in den Clubs von Sardinien.
Leseprobe
Die Mama war schön. Ich schielte nach ihr, seit wir in unseren Autos nebeneinander auf Grün warteten. Schön, wie man sie in der Werbung für hausgemachte Pasta sieht. Die Frau war schön, wie man hier unten viele trifft. Erstklassige Frauen, die Körper geformt in der Sonne und im Beautycenter. Geschliffen von der Brandung des Quarzstrands und stundenlanger Wassergymnastik. Ein verbessertes Naturprodukt, bei dem jeder den Kopf verlieren konnte. Die Mama war schön. Der Rotzlöffel nicht. Der Junge, der mir durchs Rückfenster Grimassen schnitt, musste alles vom Vater haben; er war hässlich, und das würde sich in Zukunft nicht bessern. Er machte einen schiefen Mund und zog ihn mit seinen winzigen, mageren, knochigen Fingern in den Winkeln unmäßig auseinander. Sie sahen aus wie die Krallen einer kleinen Fledermaus oder die Klauen einer Kanalratte. Ich sah ihn unfreundlich an, damit er aufhörte, ich fand es eklig und unangenehm, und es lenkte mich davon ab, die Mutter zu beobachten, die mit einer Kette herumspielte und dabei mit der Hand ihren von einer hellen, die Figur betonenden Leinenbluse kaum verhüllten Busen streifte. Ich stellte sie mir nackt vor, unter der Dusche, wie sie sich einseifte und ihre Haut sich unter der Wirkung des Sandelholzschaums entspannte. Ein Duft nach Erde, aber auch nach Meer, nach Essen, bei dem es etwas zu kauen und zu lecken gab. Der Junge hörte mit einem Mal auf, sich wie eine Schlange zu winden. Die Ampel zeigte Grün. Doch die Autos auf dem Weg zum Strand von Pula bewegten sich keinen Millimeter voran. Weder meines noch ihres. Die Straße war verstopft, wie jeden Samstagmorgen. Niemand wagte auch nur, seinem Ärger durch Hupen Luft zu machen; eine überflüssige Geste. Über unseren Köpfen wurde es wieder Rot, und der Junge begann einen Schokoriegel auszuwickeln. Ich lächelte ihm zu. "Iss, mein lieber Junge, iss", dachte ich. Ich hatte die Verpackung erkannt. Der Hersteller war einer meiner Kunden. Jeden Monat belieferte ich ihn mit einigen Doppelzentnern Eiprodukt. Es stammte von einer Recyclingfirma aus der Gegend von Turin, die faulige, zerbrochene, von Parasiten befallene Eier nicht entsorgte, sondern einfach von Putreszin und Cadaverin säuberte und in einen Brei verwandelte, der in handliche Fünf-Kilo-Behälter gefüllt wurde, um sich dann in die Knetmaschinen der Süßwarenindustrie zu ergießen. Und der Riegel war wohl gar nicht schlecht, wenn man sah, wie genüsslich der Junge jetzt mit großer Gier hineinbiss, ohne auch nur einen Krümel auf die Sitze fallen zu lassen. Der Eigentümer der Firma hatte niemals Fragen zur Qualität des Produkts gestellt, doch der Preis und das Fehlen von Etiketten auf den Behältern erklärten schon alles. "Iss, mein lieber Junge, iss." Die Autoschlange begann sich endlich in Bewegung zu setzen, und ich verabschiedete mich mit einem Winken von dem Bengel. Auf gewisse Art war auch er einer meiner Kunden. Gern wäre ich ihnen gefolgt und hätte vielleicht mein Strandtuch wenige Schritte neben ihren Sonnenschirm gelegt. Das Übrige wäre ein Kinderspiel gewesen. Doch für mich war keine Urlaubszeit. Wenn dies ein Film gewesen wäre. Wenn dies die Szene eines Films gewesen wäre, hätte jetzt die Filmmusik eingesetzt und die Bilder kommentiert. Vielleicht ein lang gezogener Ton und ein mitreißender Song. Vielleicht Starman, mit der jungen Stimme von David Bowie. Aber es war kein Film, und es gab keine Musik. Ich erreichte den Industriehafen, wo ich eine Partie von zweitausend Tonnen Hartweizen aus Kanada zu verteilen hatte. Es handelte sich um Kategorie 5, die unterste, für Futtermittel bestimmt. Die kanadischen Behörden hatten den Handel wegen Verseuchung mit Ochratoxin verboten. Sie fürchteten, Kühe und Schweine könnten Krebs davon bekommen. Bevor das unter der Flagge von Hongkong fahrende Schiff in Sardinien vor Anker ging, hatte es den Hafen von Bari angelaufen, wo achtundfünfzig-tausend Tonnen, bestimmt für verschiedene Mühlen und Teigwarenfabriken der Gegend, gelöscht Leseprobe