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Wenn mein Herz erwacht

Erschienen am 25.02.2022
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783963622533
Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 19.5 x 13.8 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

New York, 1857: Christine Pendletons verletzte Seele will sich nicht länger den Wunden der Vergangenheit hingeben, sondern die junge vermögende Frau meldet sich als Freiwillige für den Dienst unter den verarmten Einwandererfrauen und Waisen in New York. Zusammen mit Guy Bedell, einem Geistlichen, der sich vor allem um das Seelenheil seiner anvertrauten Schäfchen kümmert, will sie den Ärmsten eine Perspektive aufzeigen. Dabei kommt ihr das beträchtliche Vermögen, das der Vater ihr hinterlassen hat, gerade recht. Wird es ihr gelingen, den sympathischen Geistlichen für ihre Ideen zu gewinnen?

Autorenportrait

Jody Hedlund lebt mit ihrem Mann, den sie als ihren größten Fan bezeichnet, in Michigan. Ihre fünf Kinder werden zu Hause unterrichtet. Die Zeit, die ihr neben dieser Tätigkeit noch bleibt, widmet sie dem Schreiben.

Leseprobe

Kapitel 1 New York Mai 1857 'Verlasst den sündigen Weg der Prostitution und lauft zu unserem himmlischen Vater, der euch mit Liebe in seinen vergebenden Armen aufnimmt.' Pastor Bedells Stimme übertönte das Schniefen und erstickte Weinen der Frauen, die dicht gedrängt auf den harten Bänken der Kapelle in der Centre Street saßen. In der vordersten Reihe faltete Christine Pendleton die Hände auf ihrem Schoß und weinte innerlich über die Sittenlosigkeit, der diese Frauen Nacht für Nacht ausgesetzt waren. Obwohl sie seit einem Monat jeden Sonntag ehrenamtlich in der Kapelle mitarbeitete, litt ihr Herz jedes Mal, wenn sie die vielen Einwanderinnen sah, die in ein unmoralisches Leben hineingerutscht waren. Als jemand an den Falten ihres schwarzen Rocks zupfte, blickte sie nach unten und sah, dass die schmutzigen Finger eines Kleinkinds, das hinter ihr auf dem Boden spielte, den Seidenstoff gepackt hatten. Die Hände waren nicht nur dreckig, sondern auch vom Schleim ganz schmierig. 'Nimm die Finger von der eleganten Dame!' Dem strengen Flüstern hinter Christine folgte ein Klaps auf die Hand des Kindes. Der kleine Junge wimmerte und zog schnell die Hand von dem edlen Rock zurück. 'Das macht doch nichts.' Christine lächelte die junge Mutter an, die ein neugeborenes Baby in ihren dürren Armen hielt. Die Frau erwiderte ihr Lächeln nicht, sondern schaute Christine nur mit müden Augen an. Sie gab dem Baby, das sie im Arm hielt, einen leichten Klaps, obwohl der Säugling, der in ein zerschlissenes Tuch gewickelt war, während des gesamten Gottesdienstes keinen Ton von sich gegeben hatte. Christine hatte zwar keine Ahnung von Kindern, aber sie ging davon aus, dass Quengeln und Zappeln besser wären als diese Lethargie. Das Kleinkind auf dem Boden blickte mit Tränen in den Augen zu ihr hi-nauf. Ihm lief die Nase ununterbrochen und der grünliche Schleim klebte ihm im Gesicht. Christine wollte gar nicht daran denken, was jetzt alles an ihrem Rock seine Spuren hinterließ. 'Hier.' Sie löste den verkrampften Griff um ihr Taschentuch und hielt es dem kleinen Jungen hin. Seine klebrigen Finger berührten zögernd den Spitzenrand des Stoffes. 'Du kannst es haben', flüsterte Christine. Der Junge nahm das Taschentuch vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger. Das fleckenlose Weiß bildete einen starken Kontrast zu seinem Hemd, das wahrscheinlich irgendwann einmal weiß gewesen war, aber jetzt so grau war wie schmutziges Spülwasser. Seine Hose wurde von einer Schnur um die Taille gehalten und die Hosenbeine waren hochgekrempelt, da die Hose für ein viel größeres Kind gedacht war. Das war unübersehbar. Aus dem weiten Stoff ragten die Füße des Jungen wie dürre Zweige und seine Fußsohlen, die so schwarz waren wie Ruß. 'Ihr könnt euer Leben ändern', sprach der Pastor weiter. 'Es besteht Hoffnung. Ein besseres Leben ist möglich.' Der Junge breitete das Taschentuch auf seinem Schoß aus und begann, mit dem Finger den gezackten Rand nachzufahren. Christine wartete darauf, dass die Mutter das Tuch nehmen und dem Jungen die Nase putzen würde, da er selbst offensichtlich nicht die Absicht hatte, das zu tun. Aber die junge Frau sah ihr Kind gar nicht an. Es war fast so, als hätte sie vergessen, dass der Junge überhaupt da war. Hatten sie vielleicht beide noch nie ein Taschentuch gesehen? Bei diesem beunruhigenden Gedanken drehte sich Christine wieder nach vorne und versuchte, sich auf Pastor Bedell zu konzentrieren, der hinter dem schlichten Predigtpult stand. Die Armut und das Elend dieses Ortes erdrückten sie erneut genauso wie an dem Tag, an dem sie den Pastor bei der Veranstaltung der Damen-Missionsgesellschaft hatte sprechen hören. Er hatte sich so leidenschaftlich über die Nöte der Einwanderer in Lower Manhattan geäußert. Er hatte einige Situationen beschrieben, die er erlebt hatte: den Alkoholmissbrauch, die Diebstähle und die Verdorbenheit, die in dieser 'teuflischen Hölle', wie er diesen Stadtteil bezeichnete, überall anzutreffen waren. Obwoh

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