Beschreibung
Harry Weingarten verbringt ein trostloses Silvester allein mit seiner Mutter. Seit einiger Zeit versucht er zwar, seine Ex-Freundin Miriam zurückzugewinnen, doch bisher ohne Erfolg. Er klickt sich auf dem sozialen Netzwerk Facebook bei ihr ein und hier tut sich für Harry eine ganz neue Welt auf - und eine neue Miriam. Die einen neuen Freund hat: Ben. Tag für Tag muss Harry nun mitlesen, was das glückliche Paar alles unternimmt. Sie machen Urlaubspläne, Wochenendausflüge, sie planen die Gründung einer Familie. Aktuelle Statusmeldungen wirken wie Tretminen. Spannungen bleiben nicht aus. Es kommt zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Harry und Ben. Und eines Tages steht die Mordkommission vor Harrys Tür. Die Ermittler Axel Keller und Oswald Skokan haben da ein paar Fragen an Harry. Christiane Geldmacher beleuchtet die Alltagswelt in den sozialen Medien. Sie schaffen zwar neue Gemeinschaften, sind aber auch voller kommunikativer Fallstricke. In lakonisch dichter Sprache folgt sie ihren Protagonisten auf vielschichtigen Opfer-und-Täter-Irrwegen von Liebe, Eifersucht und Verrat. Was passiert, wenn man sich gegenseitig Tag und Nacht in Echtzeit beobachten kann?
Autorenportrait
Christiane Geldmacher lebt und arbeitet als Autorin, Journalistin und Lektorin in Wiesbaden. Nach dem Studium der Germanistik, Amerikanistik sowie Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften führten sie ihre Reisen durch Europa, in die USA und nach Australien. Seit 2001 schreibt sie Kurzgeschichten, bloggt, facebookt und twittert. Auf ihr Debüt "Love@Miriam" folgt im Januar 2016 mit "Willkommen@daheim" die zweite Veröffentlichung. Mehr über die Autorin finden Sie unter www.christiane-geldmacher.de
Leseprobe
[10. Dezember] Das Jahr rast seinem Ende zu. Ich hasse den Dezember. In diesem Monat wird endgültig klar, dass man das ganze Jahr über nichts erreicht hat. Miriam stand auf Platz eins meiner Neujahrswünsche letztes Jahr. Und, was ist draus geworden?:( Sie hat mich dazu gebracht, Facebook beizutreten. Ich fürchte, sie will mich loswerden. Damit ich sie nicht per Mail belästige. 'Man sieht sich auf Facebook!', schreibt sie. Was ist das für ein Spruch? Vorteil von Facebook ist natürlich, dass ich sehen kann, was sie den ganzen Tag treibt. Daran hat Madame nicht gedacht. Ich bin jetzt dichter an ihr dran als jemals zuvor. [11. Dezember] Richte mich auf Facebook ein. Hab ein Foto von mir hochgeladen. Hatte zwar Bedenken wegen Datenschutz, schob sie aber beiseite. Schließlich tue ich es für Miriam (geh auf Facebook und du wirst korrupt). Ich wollte ein aktuelles Foto nehmen, aber ich hatte kein okayes. Mich fotografiert ja keiner. Ich nahm eins aus der Zeit, als Miriam und ich noch zusammen waren, gephotoshopt natürlich. Wenn man mich nicht persönlich kennt, kommt man nicht drauf, dass ich das neben ihr bin. Nur Miriam weiß es. [12. Dezember] Kaum bin ich auf Facebook, werde ich umringt von alten Freunden. Leute aus dem Kindergarten, aus der Schule, aus der Uni. Ich sitze also da und schraube an meinen Einstellungen rum und schon prasseln lauter Freundschaftsanfragen rein. Will ich das eigentlich? Wir haben uns früher gehasst und wir hassen uns heute noch. Einerseits: Diese Leute interessieren mich überhaupt nicht. Es ist gut, dass wir nichts mehr miteinander zu tun haben. Andererseits: Irgendwie muss ich die Bude hier vollkriegen, sonst denkt Miriam, die Leute fänden mich uninteressant. [14. Dezember] Ich frage mich, was ich als Beziehungsstatus angeben soll. "Single?", "Es ist kompliziert?" oder "Sucht nach einer Beziehung"? Das ist alles so demütigend. Ich habe eine Weile herumexperimentiert, aber Facebook verzeiht nichts. In hoher Schlagzahl wechselt mein Beziehungsstatus: >>>Harry ist in einer Beziehung >>>Harry ist nicht in einer Beziehung >>>Harry ist auf der Suche nach einer Beziehung >>>Harry ist Single Wie kriegt man das wieder weg? Ich wäre "interessiert an Männern oder Frauen" steht auch da. Ja, schreibt doch gleich Kinder hin!