Beschreibung
Dies ist die Geschichte von Felix, ihrem Enkel, der 1970 in Ostberlin geboren wurde. Als Farbiger ist er in der DDR von Beginn an ein Exot. Der kleine, schmale Junge wird häufig von anderen Kindern verprügelt. Mit 13 Jahren lernt er Karate, was in der DDR verboten ist. Er trainiert wie besessen. In der Ostberliner Kampfsportszene heißt er nach seinem Idol "der kleine Bruce Lee", bald hat er den Ruf, dass er jeden "weghaue". Sein Extremismus ist gefürchtet, er kämpft noch mit gebrochener Hand weiter. Es sind die achtziger Jahre, im Osten wie im Westen die bleierne Zeit der Stagnation. Felix' Generation, die desillusionierten Enkel der Revolutionäre, trinken Cola-Wodka, hängen sich Kreuze um den Hals und spielen im Wald Krieg. Nach dem Mauerfall wird Felix deutscher Kickboxmeister. Er verdient Geld, indem er Türen bewacht - Türen von Diskotheken, Puffs, illegalen Geschäftemachern. Er zieht mit den Hooligans vom BFC Dynamo herum, prügelt sich in der "dritten Halbzeit", zugleich liebt er die Musik von Bach, will Psychologie studieren und meditiert täglich mehrere Stunden. Die Szene, in der er sich bewegt, ist nicht rechtsradikal, aber deutsch-national orientiert. Die Zeit ist jetzt anders: Technopartys, Globalisierung - nichts mehr da, was verbindet. Felix' Freundeskreis besteht fast nur aus Ostberlinern, eine letzte Insel der vertrauten Kindheit, der verblaßten Erinnerungen. Sie sind Türsteher, Kampfsportler, Hools. Sie haben den Überblick über diese Welt irgendwie verloren und stellen ihre eigenen Regeln auf. "Ehre, Vertrauen, Ritterlichkeit" gelten als oberste Tugenden. Ihre Lebenseinstellung faßt ein Spruch der Band "Böhse Onkelz" zusammen: "Lieber stehend sterben, als kniend leben". Es kann nicht gut gehen. Im November 1999 wird Felix verhaftet. In Berlin beginnt der erste große Prozess gegen eine Gruppe von Hooligans, Türstehern und Kampfsportlern, die mit allem handeln, was Geld bringt - Drogen, Autos, Frauen. Felix ist einer der Angeklagten. Das Urteil wird über sein Leben entscheiden.
Autorenportrait
geboren 1972 in Potsdam, aufgewachsen in Ostberlin. Sie studierte in Berlin und London Osteuropastudien. Seit 1998 ist sie Reporterin beim "Tagesspiegel" in Berlin und schreibt auch für die "Zeit" und "Geo Saison". 2001 erhielt sie für ihre Reportagen den Axel-Springer-Preis und den Theodor-Wolff-Preis. Jana Simon kannte Felix seit seinem 16. Lebensjahr.