Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783853714041
Sprache: Deutsch
Umfang: 496 S., 30 Illustr.
Format (T/L/B): 4 x 21 x 14.8 cm
Einband: kartoniertes Buch
Beschreibung
Der Ökonom Andre Gunder Frank stellt in seinem Buch "ReOrient" die herkömmliche eurozentrische Ansicht der Weltgeschichte auf den Kopf, die die europäische Expansion seit dem 16. Jahrhundert als langfristigen Aufstieg des Westens deutet. Dieser Sichtweise stellt er die Zentralität Asiens, insbesondere Chinas, entgegen: hier konzentrierten sich zwischen 1400 und 1800 politische Macht, ökonomische Innovation und soziale Stabilität. Um an die weltweit begehrten asiatischen Artikel heranzukommen, setzten westeuropäische Kolonialmächte lateinamerikanisches Silber ein, das in Asien wiederum die Kommerzialisierung und den Austausch beförderte. Erst als Asiens Aufstieg stockte, gelang es westeuropäischen Unternehmern, die Importe durch eigene Industrieproduktion zu ersetzen. Weil sie über zu wenige Arbeitskräfte und über genügend Energie verfügten, führten sie Kraftmaschinen ein. Die Industrialisierung, das angebliche Kernstück europäischer Überlegenheit, wird somit als Strategie nachholender Entwicklung gedeutet. Frank vergleicht in "ReOrient" Regionen, Bevölkerungsentwicklung, Branchen, Technologien, Handelsbilanzen und Lebensstandards. Er demonstriert gleichzeitig, was er als globalgeschichtliche Selbstverständlichkeit erachtet: die ganze Welt im Blick zu behalten und erst aus der jeweiligen Stellung im Weltsystem die Veränderung einzelner Teilräume zu beurteilen. Dies erschüttert viele Gewissheiten über die Leistungskraft des Westens oder den europäischen Ursprung des Kapitalismus. Die historische Analyse kann helfen, den aktuellen Wiederaufstieg Asiens besser zu verstehen. "ReOrient" führt damit nicht nur in die Methoden globalistischen historischen Arbeitens ein, sondern versteht sich als Schlüssel zur Erklärung gegenwärtiger Umbrüche im Weltsystem.
Autorenportrait
Andre Gunder Frank (1929-2005) musste zusammen mit seinen Eltern im Jahr 1933 von Berlin in die Schweiz und später in die USA fliehen. Er studierte Wirtschaftswissenschaften u. a. bei Milton Friedman. Anfang der 1960er-Jahre entwickelte Frank in Abgrenzung zur monetaristischen Schule die Dependenztheorie. In Chile wurde er einer der engsten wirtschaftlichen Berater von Präsident Salvador Allende. Nach der Ermordung Allendes musste Frank das Land verlassen. Die USA verweigerten seine Aufnahme. Bis zu seinem Tod im Jahr 2005 lehrte er an verschiedenen Universitäten und beriet fallweise chinesische oder türkische Wirtschaftsminister.