Beschreibung
Was blieb von der Architektur der 1920er Jahre, die keineswegs nur aus Bauhaus oder Internationaler Moderne bestand? Eine Definition solcher Architektur, die ihre Entstehungszeit am besten repräsentiert, hat 1929 Walter Müller-Wulckow gezeigt in seinen drei Blauen Büchern Bauten der Arbeit und des Verkehrs, Wohnbauten und Siedlungen sowie Bauten der Gemeinschaft, 323 Fotos von 248 Bauten. Diesen hat Peter Bläsing in den letzten fünfzehn Jahren mit großer Sorgfalt nachgespürt und sie fotografiert, und zwar möglichst aus dem Blickwinkel von 1929. Eines der Ergebnisse: 27% der Gebäude wurden inzwischen zerstört oder bis zur Unkenntlichkeit verändert, erstaunlich viele sind aber mehr oder weniger gepflegt und einigermaßen original erhalten. Anders als bei Müller-Wulckow sind hier die neuen Bilder den alten in ortsalphabetischer Folge gegenübergestellt. In den Bildbeischriften findet der Leser die von Bläsing recherchierten genauen Adressen sowie vielfach Kurz-Notizen seiner Recherchen. Der Kunsthistoriker Christian Welzbacher betrachtet in seinem einführenden Essay, durchaus auch mit provokanten Zuspitzungen, die Problematik eines angemessenen Umgangs mit diesem architektonischen Erbe. So weist er unter anderem darauf hin, dass sowohl die Bilder von 1929 als auch die jüngsten bestenfalls Abbilder einer Moderne sind, die immer nur zwischen Buchdeckeln oder in den Köpfen existiert hat. Damit ergänzt das Werk die Corpus- und Essay-Bände Architektur 1900-1929 in Deutschland und Kontexte zu Müller-Wulckow und schließt eine Informationslücke, die oft beklagt wurde. Durch sein Taschenformat eignet der Band sich als Architekturführer. Vor allem aber ist diese Dokumentation ein aufrüttelnder Appell an das öffentliche Bewusstsein. Der besondere Wert der Auswahl, die Müller-Wulckow zwischen 1917 und 1929 zusammengestellt hat, ist spätestens seit dem ersten Reprint seiner vier Bände im Jahr 1975 in der Fachwelt anerkannt (die Bilder in Band 4 Die Deutsche Wohnung der Gegenwart, 1930, konnten naturgemäß heutzutage nicht neu fotografiert werden). Peter M. Bode schrieb 1975 in Der Spiegel: Überraschend ist diese fast lückenlose Dokumentation eines Zeitgenossen, weil er sich keiner Tendenz des damaligen Bauens verschlossen hat. 1999 haben wir den Reprint erneut vorgelegt, vermehrt um 200 Seiten zur Editionsgeschichte und ausführliche Bio-Bibliographien sowie einen begleitenden Essay-Band (ISBN 978-3-7845-8043-2). Dazu schrieb Stefan Schweizer im Journal f. Kunstgeschichte, 6/2002:. Was den gelehrten und mit Architektur vertrauten Zeitgenossen an Müller-Wulckows Architektur in Deutschland missfiel, die gleichberechtigte Vorstellung aller Stile bzw. Schulen, ob Neues Bauen, Neoklassizismus, Expressionismus oder Heimatschutz, eröffnet heute eine befreiende Perspektive. Diese Bände werden jetzt ergänzt durch das Werk von Peter Bläsing, der nicht nur die Bauten neu und in Farbe fotografiert, sondern - soweit möglich - auch genaue Standort-Angaben (261 Adressen) sowie vielfach Daten zur Bauhistorie recherchiert hat. Damit wird eine Informations-Lücke geschlossen, die manche Leser schon seit 1975 beklagt haben. Um dieses Bildmaterial als Nachschlagewerk, gewissermaßen als Architekturführer zu nutzbar zu machen, wurden die Bilder nach dem Ortsalphabet geordnet. Demgegenüber hatte Müller-Wulckow seine Bilder nach Bau-Aufgaben und innerhalb derselben nach optischen Gesichtspunkten geordnet (Bauten der Arbeit und des Verkehrs, Wohnbauten und Siedlungen, Bauten der Gemeinschaft). Die alten Aufnahmen werden jetzt in kleinem, die neuen in größerem Format darüber wiedergegeben, begleitet von knappen Textangaben zu den Bauten. Daraus ergab sich das schmalhohe Buchformat. Wo mehrere Bilder von ein und demselben Bau existieren, werden diese möglichst auf derselben Buch-Doppelseite gezeigt.