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Das Umstellformat

Erzählung

Erschienen am 13.09.2002
22,00 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783630871288
Sprache: Deutsch
Umfang: 144 S.
Format (T/L/B): 1.5 x 21 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Eine außergewöhnliche Familiengeschichte, eine Reise zurück in die Nazi-Zeit: Die Erzählerin sucht nach den Spuren ihrer an Schizophrenie erkrankten Großmutter, die während des Krieges in einer psychiatrischen Anstalt verschwand und aus dem Familiengedächtnis gelöscht wurde. Und dabei stößt sie in den Akten auf eine Frau, die ihr auf alarmierende Weise ähnlich ist.

Autorenportrait

Melitta Breznik, geb. in Kapfenberg, Österreich, studierte Humanmedizin und wurde zur Praktischen Ärztin ausgebildet, bevor sie sich als Fachärztin in Psychiatrie und Psychotherapie spezialisierte. Sie lebt in der Schweiz im Kanton Graubünden. Bei Luchterhand sind von ihr bisher erschienen: 'Nachtdienst' (Erzählung 1995), 'Figuren' (Erzählungen 1999), 'Das Umstellformat' (Erzählung 2002), 'Nordlicht' (Roman 2009), 'Der Sommer hat lange auf sich warten lassen' (Roman 2013).

Leseprobe

Lange hat es gedauert, bis ich angefangen habe, die Geschichte meiner Gro?utter aufzuschreiben, von dem Zeitpunkt an gerechnet, als ich die Portr?ufnahme von ihr das erste Mal in H?en hielt. Es war im M? 1998, ich stand in einem kleinen Raum des Dokumentationszentrums f?r Euthanasie im Dritten Reich, in Hadamar. Soweit ich mich zur?ckerinnern kann, existierte lediglich ein Photo, auf dem sie schemenhaft abgebildet war. Es zeigt einen zweist?ckigen Ziegelbau, aus dessen Fenster im oberen Stockwerk zwei Gestalten lehnen. Undeutlich erkennt man die Figur einer Frau und die eines Kindes, ihre Gesichtsz?ge verschwimmen. Von Gro?utter ist aus dieser Zeit kein weiteres Photo erhalten geblieben, in den Familienalben fanden sich Aufnahmen von Urgro?utter mit den Enkeln, von Gro?ater auf einer Bank sitzend, mit einem Kaninchen auf dem Arm, oder vom ersten Schultag der Mutter 1927, auf dem das in ein wei?s Kleid gesteckte M?hen mit Schmollmund und klaren Augen im Hinterhof des Wohnhauses neben einem mit besticktem Tuch gedeckten Tisch steht und in die Kamera blickt. Es ist der Hof, in dem sie mit ihrer Mutter und den anderen Frauen des Hauses gemeinsam die h?ig im ?erflu?vorhandenen Pflaumen zu Latwerge verkocht oder die Laken mit einem gro?n Holzl?ffel im Bottich ger?hrt hatte. Im Hintergrund sieht man einen Garten, getrennt durch einen Holzzaun, die Obstb?e tragen noch Bl?er, es ist Herbstbeginn, eine Tafel, die auf dem Tischchen an eine Vase gelehnt worden ist, verr?in einer Aufschrift das Jahr, mein erster Schultag. Das Portr?hoto von Gro?utter war bei Eintritt in die Landesheilanstalt Hadamar gemacht worden, ich besitze es erst seit der Reise mit Mutter nach Deutschland, als wir gemeinsam, auf den Spuren der verlorenen Geschichte von Gro?utter, vier psychiatrische Kliniken in Hessen besuchten. Am unteren Rand des Bildes steht in geschwungenen handgeschriebenen Lettern der Name, eine Zeile tiefer, rechts die Nummer 5678, in der linken Ecke das Datum, August 35, Gro?utter war zu dieser Zeit neununddrei?g Jahre alt. Die ungeordneten glatten Haare sind aus der Stirn gestrichen, sie sehen fettig aus, das Gesicht ist aufgedunsen, der Blick ist in einer vordergr?ndig freundlichen Art auf den Betrachter gerichtet, Spott und ein naiver Hochmut liegen darin, so als ob sie die Situation nicht recht begreifen w?rde, oder doch, und sie h?e das Unausweichliche bereits erkannt, sich dem ergeben. Sobald sie den leicht in den Nacken gelegten Kopf nach vorne neigt, wenn sie vom Sessel aufsteht, auf dem sie nach Anweisungen des Photographen Platz genommen hat, werden ihr die Haare ins Gesicht fallen. Sie wird die Str?en mit der linken Hand hinter das Ohr streichen, w?end die Schwester ihren Arm nimmt und sie wieder zur?ck in den ?berf?llten Krankensaal f?hrt, wo ihr Bett neben dem Fenster steht, auf dessen brauner Woll?berdecke sie das Strickzeug liegengelassen hat, als man sie mitkommen hie? Der Nackenansatz ist wulstig, ihre Kinnpartie wird am Hals von einer weichen Falte gedoppelt, das Hemd, das sie tr?, ist vermutlich wei? es wirft an den Schultern Wellen, die Kn?pfe am ge?ffneten Revers sind nicht zu erkennen, lediglich ein in Kreuzstichen eingesticktes K f?t ?ber der rechten Brust auf, der Buchstabe davor hat sich im Schatten des Stoffes verkrochen. Krankenhaus, Klinik, Abteilung K, ein Anstaltshemd, es ist ungeb?gelt, vielleicht tr? sie es schon seit Tagen am Leib, der Kragen hat sich eingerollt, liegt locker am ?berbelichteten Teil der dem Betrachter zugewandten Schulter. Ich sitze an meinem Schreibtisch ?ber die alten Aufnahmen gebeugt, daneben einige Bilder von den Kliniken und Anstalten, die ich w?end der Reise gemacht habe, bl?ere in der Kopie der Krankengeschichte und lese Seite um Seite Eintr? ?ber eine Frau, die ich nicht kenne, von der meine Mutter immer behauptet hat, da?ich ihr sehr ?lich sei. Ich habe die Bilder rahmen lassen, die Portr?ufnahme der Frau im Anstaltshemd, das Photo von Mutter am ersten Schultag, und vom Haus mit d

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