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Arbeit an der Geschichte

eBook - Wie viel Theorie braucht die Geschichtswissenschaft?, Eigene und fremde Welten

Erschienen am 08.02.2010, 1. Auflage 2010
29,99 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593408552
Sprache: Deutsch
Umfang: 155 S., 2.19 MB
E-Book
Format: PDF
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

Die Beiträge des Bandes widmen sich der umfassenden Frage, was die Theorie für die Geschichtsschreibung leisten kann. Brauchen Historiker überhaupt Theorien? Und welche Rolle spielen speziell Theorien von Repräsentation in der Geschichtswissenschaft? Es kommen unter anderem Autoren zu Wort, die an historischen Fallbeispielen zeigen, was mit Theorien anzufangen ist und wie Geschichten erzählt werden müssen, die sich auf die Theorie berufen.

Autorenportrait

Jörg Baberowski ist Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Leseprobe

Was sind Repräsentationen sozialer Ordnungen imWandel? Anmerkungen zu einer Geschichteinterkultureller BegegnungenJörg Baberowski»Kulturgeschichte treiben«, sagt Roger Chartier, heißt, »den Betrieb der Repräsentationzu untersuchen«. Denn die Strukturen der sozialen Welt seien »keineobjektiven Gegebenheiten«, sondern Produkte politischer, gesellschaftlicher unddiskursiver Praktiken. Was Chartier vor 15 Jahren noch als Aufgabe formulierte,ist heute anerkannte Einsicht. Es kommt nicht länger darauf an, die Welt zubeschreiben, wie sie an sich ist, sondern wie Menschen sie gesehen haben. DerAbgrund zwischen Wirklichkeit und Repräsentation ist überwunden, die Wirklichkeitzu einem Modus der Repräsentation geworden. Wie aber stellen RepräsentationenOrdnungen her? In welchen Ordnungen entstehen welche Repräsentationen?Und wie verändern sich Repräsentationen und Ordnungen, wennes zu Begegnungen zwischen Menschen kommt? Eine zureichende Antwort aufdiese Fragen wird man nur bekommen, wenn man sich darüber verständigt hat,was Repräsentationen sind und in welchem Verhältnis sie zu den Ordnungenstehen, die sie ausrichten. Diese Frage lässt sich leichter beantworten, wenn zuvorentschieden worden ist, welches Verständnis von Repräsentationen man ausschließenmöchte.1. Sie sind keine Bezeichnung für repräsentative Institutionen oder Körperschaften,die Interessen vertreten oder den Willen von Menschen repräsentieren.2. Sie sind keine bloßen Abbilder der gesellschaftlichen oder politischen Strukturen,über die sie Auskunft geben.3. Hier wird auch nicht die erkenntnistheoretische Frage erörtert, welcher Zusammenhangzwischen der Wirklichkeit und den Vorstellungen besteht, dieman sich von ihr macht. Was hier zur Sprache kommt, beruht auf der Prämisse,dass Wirklichkeit nur als vorgestellte und begriffene Wirklichkeit verstandenwerden kann. Es wird also vorausgesetzt, dass zwischen derWirklichkeitund ihrer Repräsentation kein Abgrund besteht, der überwunden werdenmuss.Der Repräsentationsbegriff ermöglicht es, Handeln und (kulturelles) Wissen ineinen Zusammenhang zu bringen. In diesem Verständnis sind RepräsentationenOrganisationsformen des Wissens, Muster der sinnhaften Verarbeitung von Lebensverhältnissenund kollektiven Erfahrungen, dieMenschen ermächtigen, sichin der historischen, sozialen oder politischen Realität zurechtzufinden. Andersgesagt: Wir könnten die Welt nicht verstehen, wenn wir sie nicht auf Begriffebrächten oder in Symbolen oder Bildern darstellten und damit für uns undandere festhielten. Die Repräsentation des Erfahrenen ermöglicht es Menschenüberhaupt erst, etwas zu wissen und es anderen mitzuteilen. Wenn wir nichtdie Gabe besäßen, Erfahrungen aufzubewahren, weiterzuerzählen und ihnen einedauerhafte Gestalt zu geben, könnten wir einander nicht mitteilen, wie wirdie Welt sehen und erfahren haben. Um es mit Ernst Cassirer zu sagen: DerMensch kann der Welt nicht unmittelbar gegenübertreten, er kann seinen eigenenErfindungen nicht entkommen. Statt mit den Dingen, hat er es immernur mit sich selbst und den Repräsentationen zu tun, die sein Wissen ordnen.Die Repräsentationen schieben sich zwischen uns und die Wirklichkeit, aber sieverstellen unseren Blick auf die Welt nicht, sie machen ihn im Gegenteil erstmöglich. So gesehen eröffnen Repräsentationen Handlungsmöglichkeiten, siebeschränken sie aber auch, weil sie keine beliebigen Optionen eröffnen.Repräsentationen sind also Darstellungsformen des Wissens, die es Menschenüberhaupt erst ermöglichen, sich eine Welt zu errichten. Wo etwas zumAusdruck gebracht wird, äußert es sich in symbolischen Formen, in Repräsentationen.Mit ihnen erschließen wir die Welt, in der wir leben. Was Identität genanntwird, ist eine Leistung der Repräsentationspraktiken, die uns und anderenzeigen, was und wer wir sind. Nur wer sich und die anderen identifizieren kann,hat eine Identität. Aber wir verstehen eine Lebensäußerung oder einen Ausdrucknur in vertrauten Situationszusammenhängen. Wir sind immer schon Teil einersymbolischenWelt, bevor wir uns und andere verstehen. Menschen nehmendas Eigene und das Unvertraute zunächst in ihrer Ausschließlichkeit war. DerKulturessentialismus ist eine Folge der Stereotypisierung, ohne die Menscheneinander nicht als Andere benennen können. Daher kommt es, dass in den meisten Fällen unverstanden bleibt, was sich nicht in der Welt des Bekannten undVertrauten bewegt, wenn sich Menschen aus unterschiedlichen Kulturen begegnen.Man könnte auch sagen, dass Repräsentationen kulturell variable Formensymbolischer Welterschließung sind, die nur jenen zugänglich sind, die in derKultur leben, in der diese Repräsentationen einen Sinn ergeben. Nur im kulturellEigenen kann der Mensch ein Selbstsein entwickeln und es sich von denSeinen bestätigen lassen. Denn wer etwas immer wieder sagt, erlebt, dass dasGesagte im Sprechen ein Eigenleben entwickelt und zum Teil einer allgemeinenSprache wird, in der sich auch die Zuhörer bewegen. Das Sprechen spricht in derKultur und macht sich darin verständlich. So kommt es, dass Menschen sich dieWelt in den überlieferten Repräsentationen vertraut machen. Sie wollen Neuesentdecken, aber sie wollen auch, dass ihre Welt stabil bleibt. Deshalb heben siedas Unvertraute mit ihren Repräsentationen auf. Wir machen die fremde Weltzu unserer Welt, und schon bewegen wir uns wieder im Vertrauten.Nur wo es einen übergreifenden Verstehenszusammenhang, eine gemeinsameAusgelegtheit derWelt gibt, ist ein Gespräch möglich.Wenn der gemeinsameOrientierungsrahmen fehlt, kann es zu Missverständnissen oder zum Abbruchder Verständigung kommen. Darin zeigt sich die Spannung jeder interkulturellenVerständigung. Gleichwohl ist jede Kultur auf die Existenz fremder Repräsentationenangewiesen, sie braucht sie, um sich ihrer eigenen Repräsentationenzu vergewissern. Das aber bringt Menschen in die Möglichkeit, sich selbst zubeobachten, sich vom anderen herausfordern zu lassen, sich zu verändern undFremdheit durch Verstehen aufzulösen, im Wissen, dass die anderen an der Lesartder eigenen Kultur mitarbeiten. Denn andere Kulturen sind nur andere Sinnverhältnisse,und als solche sind sie menschlichem Verstehen zugänglich. Darinliegt die Bedeutung der symbolischen Repräsentationen für das Verstehen jenesGeschehens, das wir Kultur nennen und dessen Möglichkeiten wir in verschiedenenhistorischen Kontexten untersuchen.Kulturwissenschaftler, die wissen wollen, wieMenschen dieWelt gesehen haben,müssen die Repräsentationen untersuchen, mit deren Hilfe eine Erschließungund Veränderung der Welt überhaupt nur möglich ist. Denn sie wollennicht wissen, wie die Welt an sich ist, sondern wie Menschen glauben, dass siebeschaffen ist und welche Handlungsmöglichkeiten sich daraus für sie ergeben.Menschen leben nicht in festen, abgeschlossenen Ordnungen, sondern sie stellensie her, sie schaffen ihre eigene Welt, indem sie die vorhandenen Ordnungen, indie sie hineingeworfen sind, herausfordern.Wer sich der Erforschung von Repräsentationen zuwendet, hat es nicht nurmit Texten und Gesprächen zu tun. Auch Bilder und Zeichen, Inszenierungenund Performanzen sind Repräsentationen. »Eine Geschichte ohne das Imaginäre«, sagt Jacques Le Goff, »ist eine verstümmelte, entleibte Geschichte«. Bildersind aber nicht nur Ausdruck sozialer Ordnungen, sie sind zugleich Zeugnissedafür, wie Menschen ihre Sicht auf die Welt festhalten und mitteilen. Bildersind also keine Abbilder und Anzeichen, sie sind Bewegungskräfte, die Meinungenvisualisieren, rechtfertigen oder delegitimieren. Bilder, stehende wie bewegte,mobilisieren Emotionen, sie produzieren und verändern Vorstellungen.Inschriften, Denkmäler, Straßen, Plätze und Gebäude verändern das Lebensgefühlund die Vorstellungen von Menschen; sie geben den Wahrnehmungen eineStruktur.Wer dächte dabei nicht an die Einschüchterungsarchitektur der Staatsgewalt,an imposante Gerichtsgebäude, breite Straßen und große Plätze, die dasRaumgefühl und die Vorstellung von der Herrschaft wahrscheinlich stärker beeinflusstenals Gesetze, Verordnungen oder Kampagnen. Die modernen Diktaturendes 20. Jahrhunderts waren deshalb vor allem visuelle Diktaturen, die sichin die Köpfe und Seelen ihrer Untertanen einzuschreiben versuchten.

Inhalt

InhaltWas sind Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel?Anmerkungen zu einer Geschichte interkultureller Begegnungen .................... 7Jörg BaberowskiRepräsentationen und Konstruktionen: Wie viel Erkenntnistheoriebraucht die Geschichtswissenschaft? .............................................................. 19David FeestWandel und seine Repräsentation.................................................................. 37Matthias PohligVisuelle Repräsentationen im politischen Kontext:Formen und Funktionen ............................................................................... 63Priska JonesKollektive Identität ohne Differenz und Repräsentation:Jürgen Habermas in der Diskussion .............................................................. 79Jens HackeKollektive Identität Repräsentationen von Kollektiven:Zwei Modelle zur Erfassung von Gruppenprojektionenin der Frühen Neuzeit? ................................................................................ 101Ruth SchillingBrauchen Historiker Theorien?Erfahrungen beim Verfassen von Texten...................................................... 117Jörg BaberowskiSchreibweisen und Theorien der außereuropäischen Geschichteam Beispiel Südostasiens ............................................................................. 129Vincent HoubenAutorinnen und Autoren............................................................................. 155

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