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Warum ich wieder bete

Das Ende des Zynismus

Erschienen am 17.08.2009, 1. Auflage 2009
17,95 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783579064918
Sprache: Deutsch
Umfang: 189 S.
Format (T/L/B): 1.9 x 20.4 x 13.2 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Lernen, die wichtigen Dinge zu sagen

- Eine kluge Auseinandersetzung mit dem Thema Religion und Religiosität
- Ein ungewöhnliches Buch für Menschen auf der Suche nach einer authentischen Religiosität
- Ein Plädoyer für die Renaissance des Betens, eine zeitgemäße Anleitung zur Lebenskunst

Die religiöse Biographie von Christine Eichel hat ihren Anfang in einem evangelischen Pfarrhaus. Irgendwann trat das Religiöse hinter Intellekt, Bildung, smartem Zynismus und angesagter Coolness zurück. Glauben und Beten schienen lange Zeit sentimentale Relikte einer fernen Vergangenheit zu sein. Drei Jahrzehnte dauerte es, bis Christine Eichel auf vielen Umwegen zur alten Glaubenspraktik des Betens zurückfand.
Eine sehr persönlich und offen erzählte Erkenntnisreise zurück zu den religiösen Wurzeln als einer ungeheuren Energiequelle für modernes Leben.

Autorenportrait

Christine Eichel, geboren 1959, studierte Philosophie, Literaturwissenschaft und Musikwissenschaft in Hamburg und promovierte über Theodor W. Adorno. Von 1984 bis 2001 arbeitete sie als Autorin und Regisseurin für diverse Fernsehsender und parallel als Lehrbeauftragte der Universität Hamburg. Sechs Jahre lang moderierte sie die NDR-Talksendung "Ohne Wenn und Amen". 1998 debütierte sie als Romanautorin mit der Gesellschaftssatire "Gefecht in fünf Gängen", seither hat sie sieben weitere Romane und verschiedene Sachbücher veröffentlicht. Nach einer dreijährigen Gastprofessur an der Universität der Künste Berlin ging sie 2004 zum neu gegründeten Politischen Monatsmagazin Cicero, wo sie seither Leiterin des Ressorts "Salon" ist. Christine Eichel lebt mit ihrem Sohn in Berlin.

Leseprobe

Wann haben Sie zuletzt gebetet? Als Ihr Kind hohes Fieber hatte? Als Ihnen ein Geisterfahrer auf der Autobahn entgegenraste? Auch wer nicht glaubt, neigt zu SOS-Botschaften ans Universum. Das Stoßgebet ist ein Lapsus der Vernunft, den sich selbst der Vernünftige leisten kann. Ganz nach der pragmatischen Devise: "Ich glaub' nicht dran, aber vielleicht hilft es ja." Es ist die ultima ratio des Agnostikers, der sowohl Gott als auch seine Nichtexistenz bezweifelt. Doch freiwillig beten, ohne Not? Wer betet denn heute noch? Meditieren, gut, das geht als zeitgeistkompatibles Therapeutikum durch. Auch beim Yoga ein Mantra zu murmeln passt in eine säkulare Gesellschaft, die auf der Suche nach Höherem lieber nicht zu hoch greifen will. Das Gebet jedoch wirkt fremd in einer spielerischen Welt. Als Last-Minute-Seufzer mag es die fröstelnde Seele wärmen. Jenseits der Panik aber erinnert es eher an das Selbstgespräch frömmelnder alter Damen und weltfremder Mönche, die sich im Gegensatz zum Rest der Welt ohnehin jenseits von Gut und Böse befinden. Ich bete. Obwohl ich weder Betschwester noch Nonne bin, weder weltfremd noch frömmlerisch. Die Frage, warum ich wieder bete, führt mitten hinein in eine religiöse Biografie, die ich vermutlich mit Vielen meiner Generation teile: Am Anfang war der liebe Gott, dann hatte ich Besseres zu tun. Das dachte ich jedenfalls. Ich wuchs mit dem gesamten Repertoire christlicher Alltagsrituale auf, vom Tischsegen über den Gottesdienst bis zum Gute-Nacht-Gebet. Dann aber verstummte mein Glaube. Er war nur noch eine schwache Option im Hypermarkt des Pluralismus; ein altmodischer Ladenhüter im untersten Regalfach, wenig spektakulär verpackt, mit ungewissem Haltbarkeitsdatum. Und so leicht zu haben, dass man schnell den Verdacht schöpfen konnte, das Ganze sei eine nicht besonders clever inszenierte Mogelpackung. "Sapere aude" - wage zu wissen, diese Kant'sche Aufforderung, sich seines Verstandes zu bedienen, wurde mein neues Credo. Jeden Fraktionszwang des Geistes lehnte ich ab. Ich wollte lieber Abweichler und Protestler sein, als irgendwelchen Glaubensüberzeugungen zu erliegen. Glauben und Wissen standen in einem Widerspruch, der auch meine schon recht vage Erinnerung an Gott verfliegen ließ. Zwar spürte ich undeutlich, dass er da war, aber reichte das? Gehörte er nicht eher zur Welt als Wille und Vorstellung? War er vielleicht nur ein Spiegel meiner geheimen Defizite? Eine gefühlsgesteuerte Gaukelei? Feuerbach befand immerhin: "Nicht Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, wie es in der Bibel steht, sondern der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde." Das Projekt Erwachsenwerden war nur zu haben, wenn ich mich vom Gottvater meiner Kindheit verabschiedete, da war ich mir ganz sicher. Für einen Vater-respektive Gottesmord reichte meine Skepsis nicht, daher entzog ich mich, bis ich mich ganz im Irdischen wiederfand. Ich hatte mich - befreit? Selbst erfunden? Glauben und Beten schienen nur noch Relikte einer versunkenen Welt zu sein. Und wer konnte schon wissen, ob nicht auch das Christentum eine Spielart des fatalen Bewusstseinsterrors war, wie er sich in Ideologien aller Art zeigte. Vor den freiwilligen Selbstversklavungen des Geistes glaubte ich mich gefeit. Ich übte mich in Entlarvungsgesten, und im großen Stimmengewirr der Meinungen und Theorien machte ich jede Menge windigen Schwindel aus. Also war Distanz geboten. Auch zum Glauben. In diesem Buch erzähle ich meine Geschichte, die ihren Anfang in einem evangelischen Pfarrhaus nahm und mich auf vielen Umwegen zur alten Glaubenspraktik des Betens zurückführte. Beinahe zwei Jahrzehnte hat es gedauert, bis ich meine religiösen Wurzeln wiederfand. Ich hatte sie nicht gesucht. Sie wurden freigelegt durch biografische Beben und Brüche, bei denen mein recht gut trainierter Verstand versagte. Kein Wissen half mir weiter, kein vernünftiger Gedanke. Es war ein Systemausfall, der mich schockierte. Ich war es gewohnt, mit Optionen zu spielen. Der methodische Kern m Leseprobe
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