Beschreibung
Zurückgekehrt nach jahrelangem Unterwegssein in die Gegend südwestlich von Paris, drängt es den Helden drei Tage später bereits zu einem erneuten Aufbruch. Er will Rache nehmen an einer Journalistin, die seine Mutter in einem Zeitungsartikel denunziert hatte, dem Anschluß ihres Landes an Deutschland zugejubelt zu haben. Eine wahrheitswidrige Behauptung. »Das also ist das Gesicht eines Rächers! sagte ich zu mir selber, als ich mich an dem bewußten Morgen, bevor ich mich auf den Weg machte, im Spiegel ansah.«
»Ich hatte mir keinerlei Plan ausgedacht oder festgesetzt. Weder mit einem bestimmten Bewegungs- und Ortsplan war ich aufgebrochen noch mit einem sonstigen. Es hatte zu geschehen: So war es in mich eingeschrieben, und das hatte mich auf die Beine gebracht.« Und so mündet der Rachefeldzug in ein Fest, eine bewusste Entscheidung des Erzählers Peter Handke: In die geschriebene Geschichte erhält nur Zutritt, was in der Realgeschichte Bestand hat. Und umgekehrt: Sich vollziehende Geschichte erlangt nur Wirklichkeit, wenn sie des Erzählens wert ist.
Autorenportrait
Peter Handke wird am 6. Dezember 1942 in Griffen (Kärnten) geboren. Die Familie mütterlicherseits gehört zur slowenischen Minderheit inÖsterreich; der Vater, ein Deutscher, war in Folge des Zweiten Weltkriegs nach Kärnten gekommen. Zwischen 1954 und 1959 besucht Handke das Gymnasium in Tanzenberg (Kärnten) und das dazugehörige Internat. Nach dem Abitur im Jahr 1961 studiert er in Graz Jura. Im März 1966, Peter Handke hat sein Studium vor der letzten und abschließenden Prüfung abgebrochen, erscheint sein erster RomanDie Hornissen. Im selben Jahr 1966 erfolgt die Inszenierung seines inzwischen legendären TheaterstücksPublikumsbeschimpfungin Frankfurt am Main in der Regie von Claus Peymann.
Seitdem hat er mehr als dreißig Erzählungen und Prosawerke verfasst, erinnert sei an:Die Angst des Tormanns beim Elfmeter(1970),Wunschloses Unglück (1972),Der kurze Brief zum langen Abschied(1972),Die linkshändige Frau(1976),Das Gewicht der Welt (1977),Langsame Heimkehr(1979),Die Lehre der Sainte-Victoire(1980),Der Chinese des Schmerzes(1983), Die Wiederholung(1986),Versuchüber die Müdigkeit (1989),Versuchüber die Jukebox (1990),Versuchüber den geglückten Tag (1991),Mein Jahr in der Niemandsbucht(1994),Der Bildverlust(2002),Die Morawische Nacht (2008),Der Große Fall (2011),Versuchüber den Stillen Ort (2012),Versuchüber den Pilznarren (2013).
Auf diePublikumsbeschimpfung1966 folgt 1968, ebenfalls in Frankfurt am Main uraufgeführt,Kaspar. Von hier spannt sich der Bogen weiterüberDer Rittüber den Bodensee1971),Die Unvernünftigen sterben aus(1974),Über die Dörfer (1981),DasSpiel vom Fragen oder Die Reise zum sonoren Land(1990),Die Stunde da wir nichts voneinander wußten (1992),über denUntertagblues(2004) undBis daß der Tag euch scheidet(2009)über das dramatische EposImmer noch Sturm (2011) bis zum SommerdialogDie schönen Tage vonAranjuez(2012) zuDie Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstraße (2016).
Darüber hinaus hat Peter Handke viele Prosawerke und Stücke von Schriftsteller-Kollegen ins Deutscheübertragen: Aus dem Griechischen Stücke von Aischylos, Sophokles und Euripides, aus dem Französischen Emmanuel Bove (unter anderemMeine Freunde), René Char und Francis Ponge, aus dem Amerikanischen Walker Percy.
Sein Werk wurde mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet. Die Formenvielfalt, die Themenwechsel, die Verwendung unterschiedlichster Gattungen (auch als Lyriker, Essayist, Drehbuchautor und Regisseur ist Peter Handke aufgetreten) erklärte er selbst 2007 mit den Worten:»Ein Künstler ist nur dann ein exemplarischer Mensch, wenn man an seinen Werken erkennen kann, wie das Leben verläuft. Er muß durch drei, vier, zeitweise qualvolle Verwandlungen gehen.«
2019 wurde Peter Handke mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.
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