Beschreibung
Humorvoll und sensibel geschrieben - das Porträt einer großen Schriftstellerin Romane wie "Stolz und Vorurteil", "Emma" und "Verstand und Gefühl" begeistern nach 200 Jahren immer noch Millionen Leser. Die Verfilmungen sind Kassenschlager. Doch während ihre vor Witz und Intelligenz sprühenden Geschichten höchste Aufmerksamkeit erfahren, wurde Jane Austen lange Zeit nur als "stilles Wunder" wahrgenommen. In ihrer Biographie befreit Elsemarie Maletzke die Autorin von verstaubten, altmodischen Zuschreibungen und ergründet ihr Leben mit frischem, frechem Blick: Für sie ist Austen "das eleganteste satirische Talent des ausgehenden 18. Jahrhunderts".
Leseprobe
Sicher hat er sie geliebt, brüderlich und eitel, aber was Henry Austen seiner Schwester nachsagte, grenzte für eine satirische Schriftstellerin an Rufmord. Jane Austen sei ängstlich bemüht gewesen, Gott zu gefallen und bei ihren Mitmenschen keinen Anstoß zu erregen. "Nie sprach sie ein unüberlegtes, leichtfertiges oder strenges Wort," und "ihre Ansichten entsprachen genau denen der englischen Hochkirche." Es wirkte. Nachfolgende Leser-Generationen genossen ihre "dear books" wie ein Täßchen Haferschleim und legten sich damit in der Sofaecke schlafen. Die liebe Jane und ihre exquisiten Miniaturen englischen Landlebens! Nach Henrys Würdigung - und wer sollte sie besser kennen als ihr Lieblingsbruder - war die Perspektive erst einmal vorgegeben. Charlotte Bronte sah in ihrem Werk nur saubere Rasenkanten; H.G. Wells verglich sie mit einem bezaubernden Schmetterling - "ohne jedes Mark", und die literarische Sekte der Janeites verteidigte ihren guten Ruf, "als ginge es um die Keuschheit ihrer Tante" (Virginia Woolf). Ihr Werk handele "von überhaupt nichts", klagte ein Kritiker noch i902. Jane Austen - eine Langweilerin von hohen Graden? Es hätte tödlich ausgehen können. Aber möglicherweise war Henry nicht zugegen, wenn sie ihren Schnabel an den Nachbarn wetzte, oder er hatte es ganz schnell vergessen; und möglicherweise verweigerte sich die viktorianische Literaturkritik ihrer Schärfe und nahm statt des Degens nur die Stickschere wahr. Denn plötzlich, knapp zweihundert Jahre nach dem Erscheinen ihrer Bücher, hören und sehen Millionen Menschen Jane Austen zu. Stolz und Vorurteil, Verstand und Gefühl, Emma und Überredung erleben aus heiterem Himmel eine Renaissance - im Fernsehen wie im Kino. Welches andere Medium hätte annäherend so viel Macht über unsere Lesegewohnheiten? Aus den Filmstudios sei das Knarren der Korsettstangen zu hören und ein unübersetzbares Geräusch, mit dem Brüste in historische Kostüme gezwängt würden, erfuhr die Times. Sense and Sensibility gewann einen Golden Globe; Emma einen Oscar. (Ich werde die deutschen Nonsense-Filmtitel Sinn und Sinnlichkeit sowie Jane Austens Verführung für Persuasion hier nicht verwenden.) Für die BBC-Serie von Pride and Prejudice sollen Engländer auf dem Weg zum Fernsehkasten Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit riskiert haben. Nur um zu erleben wie Mr. Darcy Elizabeth Bennet küßt. - Moment mal: küßt?! "Hätte Elizabeth ihm in die Augen sehen können, dann wäre ihr gewiß nicht entgangen, wie gut ihm der Ausdruck tiefempfundenen Glücks stand." Bei Jane Austen wird viel geredet, nicht immer richtig hingeguckt und gar nicht geküßt. "Liebste!", ein Händedruck, die Hochzeitstorte, Vorhang! Was also gibt's zu sehen, da man uns im Kino doch sonst nichts vorenthält? Sind Austen-Verfilmungen die Schonkost, wie Emmas Vater sie seinen Gästen empfiehlt, das Täßchen Haferschleim, das kleine weichgekochte Ei, die wir uns nach cinematographischer fast-food genehmigen? "Mrs. Goddard, wie wäre es mit einem halben Glas Wein? Ein kleines halbes Glas, mit Wasser vermischt? Ich glaube nicht, daß es Ihnen schlecht bekommen würde. " Es kann ja wohl nicht sein, daß wir uns nach Pferdekutschen, Nachttöpfen und Quadrillen zurücksehnen. Oder doch nach Mäßigung, Geduld, Zurückhaltung, Aufrichtigkeit und guten Manieren? Die New York Times sah bereits im Kino ein Tugend-Revival aufdämmern; Newsweek spürte "unsere moralisch groggy geschlagenen Köpfe von einem Schwall kalten Wassers" erfrischt. Die englische Presse schrieb Austen eine Rolle zu, die früher die königliche Familie innehatte: klassenübergreifend die Briten zusammenzuschweißen. "Ich freue mich, soviel Gutes zu hören", würde Miss Bates sagen, aber geht es vielleicht auch eine Nummer kleiner? "Jane Austen ist sexuell", sagt Emma Thompson, die das Drehbuch zu Sense and Sensibility schrieb. Ein verstohlener Blick, eine zögernde Hand verraten das Herz, und hinter dem Austausch höflicher Floskeln spratzeln die erotischen Lunten. "Wir gehen nich Leseprobe