Beschreibung
Deborah Levys kühnes Debüt erzählt von Außenseiter*innen, die rastlos und rasterlos leben und eben dadurch miteinander verbunden sind. In kurzen Passagen blickt Levy durch die Augen der schönen Mutanten auf die Welt. Sie erzählt von der russischen Exilantin Lapinski, ihrerseits eine Sammlerin von Geschichten, von der Poetin, die am Fließband tiefgefrorene Hamburger formt, vom Nachbarn, der Lapinski eine 'schamlose Cunt' nennt, von der anorektischen Anarchistin und der pyromanischen Bankerin, die einst Gemma war, und von einem Lama. In Schöne Mutanten offenbart Deborah Levy eine Welt, deren Figuren aufbrechen und sich neu zusammen setzen, sich gegenseitig und ihre Leser*innen abstoßen und anziehen. Roh und bezaubernd und schön und vulgär. Eine provokative Prosa, die die Kerben, die Europa durchziehen, beschreibt und in den Bruchstellen Sonnenblumen pflanzt. Levy schreibt mit Scharfsinn und Witz und zieht das Groteske dem Naturalistischen stets vor. Vielleicht zeigt sich erst aus der Distanz die wahre Absurdität unserer Welt, in der zu leben offenbar bedeutet, Geld auszugeben.
Autorenportrait
ODA JAUNE wurde 1979 in Sofia, Bulgarien, geboren und lebt und arbeitet seit 2008 in Paris. Das Cover von Schöne Mutanten zeigt ihre Ölmalerei Sans titre (Femme pleurant avec un grand coeur), 2008. Die Künstlerin entwickelt durch ihre Malerei und ihre Aqua- relle ein bewegtes Universum voller Poesie. Sie vermischt zärtliche, naive, gewalttätige, manchmal erotische und lustige Visionen und erforscht kompromisslos ein von Konventionen befreites Unterbewusstsein.
Leseprobe
'Wenn alles eindeutig ist, kann man nicht schreiben, denn es gibt nichts herauszufinden.' 'Als ich ein Mädchen war, hielt ich gern die Babyfrösche fest, die vom Teich auf mein Handgelenk sprangen, aber ich habe nie einen geküsst, um ihn in einen Prinz zu verwandeln, und habe mir nie etwas gewünscht, nur für den Fall, dass mein Wunsch dann doch nicht in Erfüllung gehen sollte. Hätte ich mir doch etwas gewünscht. Das wäre mein Wunsch. Die gezackte Lebenslinie auf meiner Handfläche, die ich so oft angestarrt habe, ist verschwunden, also muss ich mir ohne sie eine Geschichte ausdenken. Ich sage uns allen eine wunderbare Zukunft voraus. Du wirst im Juli die Liebe deines Lebens auf einer Brücke kennenlernen, eure Kinder werden gesund und glücklich sein und nie im Januar in Zügen betteln müssen, es wird immer genug Regen geben, um die Felder im August zu wässern, Bienen werden nie im April aussterben, Bibliotheken werden im Mai vierundzwanzig Stunden lang geöffnet sein, niemand wird im November unter deinem Haus nach Öl bohren, und alle werden im Februar lernen. Dann bleiben noch März, Juni, September, Oktober, Dezember, in denen andere Dinge geschehen können.'